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Etwas vor meinem Interviewpartner Hans Ermel stehe ich im Treppenhaus vor seiner Musikschule in der alten Stadtmühle. Durch ein Fenster sehe ich, wie weit unten Hans über den Mühlenplatz eilt.
«Sorry, habe mich ein bisschen verspätet, komm bitte rein.»
Hans setzt sich entspannt auf einen freien Stuhl, während ich für meinen Netbook eine freie Ecke suche. Ich habe eine tolle Aussicht und sehe über den ganzen Mühlenplatz, hin zu den Häusern in der Matte und in die Oberstadt hinauf.
Hans Ermel ist am 10.2.1971 im Emmental geboren und lebt seit vielen Jahren in Bern. «Ich muss allerdings ab zu auch aus Bern hinaus, um zu spüren, dass ich jedes Mal gerne wieder in die Matte zurückkomme. Immer, wenn ich von einer Reise zurückkehre, freue ich mich wieder in Bern zu sein. Die Matte gehört zu meiner Heimat und ich fühle mich sehr wohl hier unten, auch wenn ich in der Junkergasse wohne, bin ich beruflich viel und oft in der Matte. Von der Junkergasse sehe ich direkt auf dieses schöne Quartier hinunter», sagt er schmunzelnd. Ich lerne Hans als ruhigen, besonnen und distanzierten Menschen kennen. Er beschreibt sich als geselligen und offenen Menschen. «Ich bin introvertiert aber auch extrovertiert. Ich brauche beides.»
«Wie kamst du eigentlich zur Musik?», will ich wissen.
«Bereits im Alter von etwa 14 Jahren habe ich autodidaktisch gelernt, Gitarre zu spielen. Ich besuchte damals im Neufeld den Gymer und kam genau zur Zaffaraizeit nach Bern und dies aus dem hintersten Emmental, stell dir vor. Als Landei war ich mitten in dieser wilden Gesellschaft. Mich hat das sehr fasziniert, denn es war Neuland für mich und ich war bei den Demos und den Schülerstreiks mittendrin. Es gefiel mir sehr, denn es war tatsächlich etwas ganz anderes als bisher. » Seine Augen leuchten. Aus dem gerade noch so gelassenen Menschen lodert plötzlich ein Feuer der Begeisterung.
«Damals im Gymer, spielte ich in einer Schülerband Bassgitarre und mit 19 stieg ich auf den Kontrabass um. Ich spürte, dass dieser mein Weg und mein Instrument sein würde.»
Er schloss 1996 die Jazzschule Luzern ab und lebte 1994/95 für ein Jahr in New York «In N.Y. besuchte ich die Musikschule New School for Jazz and Contemporary Music.»
1996 zog Hans in die damaligen Folkmusik-Schule in der Matte als Musiklehrer ein. «Die Leute, die damals drin waren, wanderten langsam ab und ich übernahm die Schule 1999 kurz vor dem Hochwasser. Mit der Zeit schlossen sich weitere Musiker an.
Mit an Bord sind nun Daniel «Bean» Bohnenblust und Andreas «Chnufi» Michel. Wir entschieden uns für einen neuen Namen und so heisst die Schule ganz einfach Musikschule Matte. Jazz steht im Vordergrund unserer Schule.»
Hans ist ein aktiver Mensch und so hat er unterschiedliche Projekte an Laufen. Im Sommer 2010 ist er im Dällebach Kari an den den Thuner Seespiele im Orchester mit dabei www.thunerseespiele.ch
Vor einem Jahr produzierte er mit seinen Kollegen die CD: «Die vier Tenöre.» Die CD ist im Handel erhältlich oder kann via Download oder direkt in der Musikschule bezogen werden kann. Die vier Tenöre spielen auch in verschiedenen Jazzclubs in der Schweiz.
Info zu CD:
Seit Pavarotti & Co. schliessen sich die Tenöre zusammen, landauf landab. Hier haben wir es mit einer besonders explosiven Paarung zu tun:
Daniel Bohnenblust, Jan Galega Brönnimann, Roli von Flüe und Klaus Widmer treffen auf den Bassisten Hans Ermel und den Drummer Lukas Bitterlin. «Die Vier Tenöre» haben sich in den letzten sechs Jahren ein eigenwilliges und abwechslungsreiches Repertoire zusammen komponiert und arrangiert, welches seine Wurzeln im Jazz findet, ihm aber nicht permanent treu bleibt. Garantiert werden saxofonistische Höhenflüge weit über der Tenorlage!
Daniel Bohnenblust, ts (Grand Mother›s Funck, The Felas)
Jan Galega Brönnimann, ts (Brink Man Ship, The Felas)
Roli von Flüe, ts (Gruppe 6, Zürich Jazz Orchestra, Kaspar Ewalds Exorbitantes Kabinett)
Klaus Widmer, ts (Hornknox, Swiss Jazz Orchestra)
Hans Ermel, bass (007 Only, Frank Sinatra Tribute Band)
Lukas Bitterlin, dr (Eliane Cueni Trio, Toy)
Ein anderes Projekt in dem Hans mitmacht ist Padre Padrone:
Die drei Berner Musiker Andreas Michel, Hans Ermel und Klaus Widmer interpretieren Songs und Melodien der Jazztradition
und aus dem reichhaltigen Latin- und Pop-Fundus. Mit grosser Spielfreude kreieren sie groovige und soulige, aber auch subtile
und einfühlsame kleine Kunstwerke. Der Anspruch sowohl zu unterhalten wie auch herauszufordern spornt sie zu Spontaneität und Interaktion an.
Mit dem Perkussionisten Martin Stadelmann widmen sie sich als Quartett vorwiegend dem Bossa- und Calypso-Repertoire.
Ich höre Hans zu, wie er begeistert von den unzähligen Projekten und Aktivitäten erzählt und mir wird fast schwindlig. «Das ist aber wirklich viel, was du alles ob hast», stelle ich fest.
«Das stimmt tatsächlich, deshalb musste ich 2009 kürzer treten. Es ging einfach nichts mehr. Man kann von einem Burnout sprechen. Zum Glück habe ich ein gutes Umfeld, das mir geholfen hat, wieder auf die Beine zu kommen. Meine Schwester lebt in Langnau in einem Haus mitten im Grünen. So zog ich mich aufs Land zurück. Ich hatte die Natur um mich, spürte meine Wurzeln wieder. Ich habe gerne im Garten gearbeitet und mit meinen Neffen bin ich «spörtlen» gegangen. So nahm ich meine Bedürfnisse wieder wahr. Ich musste lernen, einen Ausgleich zwischen Kopf und Erde zu schaffen, damit ich neue Projekte in Angriff nehmen kann. Es war eine mühevolle Zeit, aber nun bin ich erneut voll motiviert, um Projekte in Angriff zu nehmen. Klar, nun muss ich lernen, öfter nein zu sagen., aber wer kann das heute schon wirklich, wenn so viele gute Unternehmungen anstehen», sagt er schmunzelnd.
«Und jetzt, was machst du, wenn du spürst, dass es zu viel wird?»
«Dann nehme ich mir eine Auszeit und gehe auf Reisen oder zurück zu meinen Wurzeln ins Emmental», sagt er klar und sachlich.
«Was machst du in der Freizeit? Solltest du welche haben», frage ich lachend.
«Ich habe in meiner Auszeit die Leidenschaft zum gärtnern entdeckt. Im Emmental habe ich ein «Gmüesgärtli» auch an der Junkerngasse habe ich mir ein kleines Gärtlein kreiert.»
Unsere Zeit ist schon bald abgelaufen. Ich schaue mich in dem kreativen Chaos in den Räumen der Musikschule um und sehe Computer, Musikinstrumente und vieles andere herumstehen.
Ich wundere mich, wie man in diesen überstellten Räumen arbeiten kann. Hans bemerkt meinen kritischen Blick.
«Die Arbeitsräume hier in der alten Mühle sind eher klein, deshalb ist auch das Unterrichten nicht der Hauptteil, obwohl ich einige Musikschüler habe. Ich arbeite noch 30% an der Musikschule in Belp. Ansonsten ist das vielmehr eine kreative Werkstatt für Musiker. Es gibt einige Musiker aus der Berner Musikszene, die gerne hier verkehren und das ist kuul.»
Nun ist es wirklich Zeit, noch die Bilder zu schiessen. Hans legt sich lässig auf sein Sofa. Von hier aus hat er einen herrlichen Blick auf die Altstadt. Die Fotos sind schnell gemacht. Ich verabschiede mich und eile über den Mühlenplatz an die Schifflaube zurück. Noch lange geht mir das angeregte Gespräch durch den Kopf..
Herzlichen Dank Hans für das Gespräch.
Mehr Infos zu Hans Ermel und zu seinen Projekten gibt es auf: www.myspasce.com/hansermel