MArkus Marai EnggistEs ist ein verregneter Freitagmorgen, als ich mich mit Markus Maria Enggist im Berchtoldhaus zum Interview treffe. Ich war gespannt auf Markus und neugierig darauf was aus dem Berchtoldhaus geworden ist.
Als ich Markus das letze Mal traf, fragte ich ihn: «Freust du dich auf die Matte?»
«Ja, sehr - jetzt sind wir dann auch mit dem Schwarzmalen fertig und können Termin gerecht einziehen.»
«Schwarzmalen?» Ich muss ihn wohl ziemlich verdutzt angesehen haben.
«Ja weisst du, wir haben die Wände rund um die Bühne schwarz gestrichen», meinte er lachend.
Jetzt erinnerte ich mich an seine Aussage und so würde ich nun die schwarzen Wände betrachten können.
Ich stehe vor dem Berchtoldhaus und öffne zögerlich die Türe. Es war irgendwie komisch, dass es nach all den Jahren nicht mehr als Kirchgemeindehaus genutzt wird. Ich staune und mein Mund bleibt für ein Mal offen. Die Räume im oberen Bereich sind frisch gestrichen und der Duft der Farbe sticht mir in die Nase. Ich bleibe einen Moment stehen und begebe mich in den unteren Stock zu Markus Maria Enggist. Er empfängt mich herzlich und zeigt mir die Räume. Der Theatersaal ist neu gestrichen. Die Bühnenwände schwarz und der Raum wirkt auf mich viel grösser und heller als früher. Ob das mit den neuen Leuten zu tun hat?
Markus begleitet mich in den Luftschutzkeller. «In diesen Räumen wird dann später die Theaterbar sein», erklärte er mir. Wir betreten den Kleider- und Schminkraum. Ich begegne Fredi Stettler, der am Boden am «nuschen» ist. Er nimmt sich Zeit endlich, den Kleinkram zu durchforsten und Überflüssiges zu entsorgen. Alte Schminktuben fliegen in den Abfallsack. Fredi gehört ebenfalls dem Theater Matte Team an. Weiter geht’s in den Büroraum, an die Arbeitsplätze vom Theater-Matte. Eine herrliche Aussicht auf die Aare», denke ich für mich. Annemarie Morgenegg sitzt an ihrem PC und hämmert auf die Tastatur. Nachdem ich den Rundgang mit Markus beendet habe, nehmen wir in der improvisierten Theaterbar Platz.
Ich habe Markus oft in Theaterstücken wahrgenommen. In der Rolle als Dällenbach Kari ist er mir in sehr starker Erinnerung geblieben. Markus ist Schauspieler, Sänger, Liedermacher, Künstler, Produktionsleiter, Familienmensch und vieles mehr. Ein vielseitiger Mensch, den man nicht schubladisieren kann. Er ist am 19. März im Zeichen Fische geboren und von den Fischen sagt man, dass sie abwechslungsreich und sehr beweglich sind. Ich nehme Markus als ruhigen, überlegten und sprühenden Menschen war.
Seine Hände sind dauernd in Bewegung, wenn er spricht. Er spricht ruhig, sachlich, unaufgeregt und klar. Ich höre ihm gerne zu, wenn er erzählt.
Seit 2000 sind Markus Maria Enggist und die bekannte Theaterregisseurin Livia Anne Richard ein gut eingespieltes Team.
Schon einige Produktionen haben die beiden zusammen auf die Bühne gebracht. «Obwohl Livia und ich beide im Zeichen Fische geboren sind, haben wir unterschiedliche Wahrnehmungen und doch ist vieles aufeinander abgestimmt. Dies vereinfacht die Zusammenarbeit sehr.»
Beim neuen Theaterstück auf dem Gurten «Einstein» hat Markus erneut die Produktionsleitung übernommen und spielt für ein Mal nicht mit.
«Die Belastung von Schauspiel und Projektleitung wäre mir in diesem Jahr zu gross. Es gibt noch sehr viel zu tun bis die erste Produktion im Herbst auf die Bühne vom Theater Matte kommt.»
«Theater Gurten und das Theater Matte ist doch dasselbe Team», stelle ich fest.
«Wie Livia im letzten Mattegucker schon erwähnt hat, ist es zwar das gleiche Team, aber die beiden Theater sind getrennt. Sonst gibt’s wirklich ein Durcheinander. Es ist so, dass die Sponsoren vom Theater Gurten, nicht das Theater Matte finanzieren und umgekehrt. Es sind zwei unterschiedliche Theater. Dies können wir gegenüber der Öffentlichkeit nicht genug betonen.» Markus runzelt ganz leicht die Stirne. Er mag es nicht so gerne, wenn man die beiden Theater in einen Topf wirft.
«Das Theater Matte ist für uns alle eine Herausforderung ist es doch so, dass es noch viel zu tun gibt und doch finde ich, dass es sich lohnt, dafür einzustehen und etwas daraus zu machen.»
«Wer ist Markus?», frage ich ihn.
Ein Ruck geht durch seinen Körper und etwas erstaunt schaut er mich an.
«Mit dieser Frage habe ich nicht gerechnet», meint er lachend.
Er lehnt sich aber entspannt zurück und erzählt.
«Ich bin ein Träumer, habe viele Ideen und probiere gerne Neues aus. Ich bin aber auch der «Listelitüp» – ich mache unheimlich viele Listen und produziere viel Papier. Ich mache Baupläne, Listen, Budgets, Notizen und verwerfe sie wieder. Ich bin ein Mensch, der gerne zwischen Kreativität und Verantwortung hin- und herpendelt. Weisst du, ich bin Fische mit Aszendent Jungfrau. Dies passt doch in diese Beschreibung», sagt er lachend.
«Ja klar etwas gespalten», sage ich neckend.
«Ich bin sehr dankbar für die Spaltung, denn dies gibt mir die Möglichkeit, beides Leben zu können. Der «Listelitüp» habe ich genauso gerne wie der Schauspieler und Kreativmann. Diese beiden Seiten helfen mir dabei, dass die Dinge, die ich anpacke auch meist gut kommen.»
«Und was machst du privat?» Markus beginnt zu schwärmen.
«Ich bin ein häuslicher Typ, liebe meine Frau und meinen dreijährigen Sohn und bin in der wenigen Zeit, die ich jeweils zu Hause bin, wahnsinnig gerne mit ihnen zusammen. Ich bin sehr froh, dass ich eine Frau habe, die mir vieles ermöglicht und dies ist nicht selbstverständlich. Da ich viel im Rampenlicht stehe, geniesse ich die wenige Zeit dir mir zur Verfügung steht mit meiner Familie umso mehr.»
Er spricht sehr liebevoll über seine Familie. Seine Augen leuchten und wieder sind seine Hände in Bewegung. Markus ist vor einiger Zeit aus dem Breitenrainquartier nach Ostermundigen gezogen.
«Ich koche sehr gerne, und wenn ich nicht Theaterspielen oder singen würde, dann würde ich ein Café eröffnen. Auch im sozialen Bereich könnte ich mir eine Arbeit vorstellen. Aber jetzt bin ich im Theater und das ist gut so.»
Markus Maria Enggist gibt Theaterkurse. Der pädagogische Bereich fasziniert ihn.
«Es gibt noch vieles, was ich machen möchte, aber im Moment bin ich vor allem mit dem Theater Matte beschäftigt. Die Geldbeschaffung ist für den Aus- und den Umbau nicht ganz so einfach und von der öffentlichen Hand können wir nichts erwarten. Was ich persönlich schade finde. Vielleicht erhalten wir später ein Mal Subventionen, aber dies wird vermutlich noch eine Weile dauern. So sind wir auf Gönner und Spenden aber auch auf Sponsoren angewiesen. Ich denke, dass wir es so oder so schaffen und ein gutes Theater auf die Beine stellen werden. Die Produktionen für die erste Saison ab Herbst 2010 stehen schon fest und bis dann muss wirklich alles um- und ausgebaut sein. Ich weiss, dass wir es schaffen werden», sagt er fast trotzig. Markus ist nachdenklich geworden.
«Es ist wirklich nicht so einfach in der heutigen Zeit, Kultur auf die Beine zu stellen, aber da wir ein wirklich gutes Team sind, glaube ich an unseren Erfolg, mit oder ohne Subventionen.»
«Wieso ist es denn so schwierig, Geld für ein Theater zu erhalten?», frage ich nach.
«Die Begründung ist oftmals dieselbe. Sättigung am Markt, Konkurrenzierung anderer Theater usw. Dabei macht doch jeder etwas anderes. Wir machen kein «Nackttheater».
«Vielleicht wäre dies der Weg zum Erfolg», wende ich lachend ein.
Markus schaut mich verschmitzt lächelnd an und schweigt.
Während wir über die Geldbeschaffung sprechen, kommt Fredi Stettler mit einem Riesenwerbebanner vom Theater Gurten in die Theaterbar. Markus und ich betrachten das Riesenteil. Kurze Zeit später schleicht sich Livia dazu.
«Lasst euch nicht stören, ich will nur einen Kaffee holen. Nehmt mich einfach nicht wahr.»
«Das ist ein frommer Wunsch, dich nicht wahrzunehmen. Das geht gar nicht», wende ich ein. Lautes Gelächter.
«Kein Problem Livia, wir sind eh am Ende unseres Gesprächs angelangt. Jetzt geht es nur noch um die Fotos mit Markus.»
Nachdem der Werbebanner genügend begutachtet wurde, Livia ihren Kaffee ausgeschlürft hat, gehen Markus und ich auf die Bühne.
Markus ist durch und durch Profi. So haben wir die Bilder schnell im Kasten.
Ich verabschiede mich von der lockeren Truppe, die einen freundschaftlichen Umgang pflegt, aber aus Knochenarbeitern besteht. Ein Theater auf die Beine zu stellen verlangt viel Durchhaltevermögen und Idealismus und dies scheint auch Markus mit in die Wiege gelegt worden zu sein.
Ich höre gerne seinen Geschichten zu und bin gespannt, wie die erste Theaterproduktion im Theater Matte sein wird. Aber vorher kommt noch der Sommer und da werden wir ihn und das Team auf dem Gurten antreffen.
Herzlichen Dank für das humorvolle und angenehme Gespräch.