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Ich habe dem Bauleiter Martin Reist vom EWB einige Fragen gestellt. Herzlichen Dank für Ihre Antworten..
Welches waren die grössten Herausforderungen in den alten Liegenschaften in der Matte?
Eine Herausforderung bestand darin, die sanierungsbedürftigen Versorgungsleitungen (Gas / Wasser / Elektrizität) zu ersetzen, ohne dabei den materiellen Bestand von den besonders schützenswerten Gebäuden und Gebäudeteilen zu beschädigen.
Die Gebäude in der Schifflaube sind wegen dem Grundwasser und der Aare nicht unterkellert. Die alten Versorgungsleitungen verlaufen daher grösstenteils im Boden unter den Hauseingängen und konnten nicht wie üblich saniert werden. Es waren teilweise spezielle grabenlose Rohrvortriebsverfahren (Hammerbohren) erforderlich, um die neuen Versorgungsleitungen in die Gebäude einzuführen. Die äusserst komplexen hydrogeologischen Verhältnisse des Untergrunds in der Schifflaube stellten eine weitere Herausforderung für die Sanierung der Versorgungsleitungen dar.
Was ist in der Altstadt anders als in Neubauquartieren?
Die Berner Altstadt gehört zum UNESCO Weltkulturerbe, zu welchem auch die Liegenschaften in der Schifflaube gehören. Die unter Denkmalschutz stehenden Liegenschaften weisen grösstenteils eine alte Bausubstanz auf. Die grösste Herausforderung bestand darin, den materiellen Bestand dieser besonders schützenswerten Bausubstanz durch die baulichen Massnahmen nicht zu beeinträchtigen.
Was sind die wichtigsten Änderungen seit den letzten Sanierungen. Hat das Hochwasser Spuren hinterlassen, welche die Arbeiten beeinflussten?
Die Versorgungsleitungen in den Liegenschaften wurden in den vergangenen Jahren teils saniert. Die letzten Sanierungen erfolgten im Zusammenhang mit dem letzten Hochwasser. Die Hochwasser haben dazu geführt, dass die alten Elektrozuleitungen teils verschlammt waren und nur mit erheblichem Aufwand wieder für die neuen Elektrokabel nutzbar gemacht werden konnten.
Wie alt waren die bestehenden Leitungen, die ausgegraben wurden?
Die ältesten Elektroleitungen datieren aus dem Jahre 1943 und waren daher dringend sanierungsbedürftig. Welche Rolle spielte das Grundwasser in der Matte? Geologische Untersuchungen und laufende hydrogeologische Überwachungsprojekte zeigten, dass die hydrogeologischen Verhältnisse des Untergrunds in der Schifflaube äusserst komplex sind. Früher erfolgte Leitungsersatzarbeiten zeigten, dass bereits in den oberen Schichten mit Grundwasser zu rechnen war. Die Baustelle musste für den Leitungsersatz entsprechend entwässert werden. Dazu war ein projektspezifisches Entwässerungskonzept erforderlich, in welchem die Bedingungen geregelt waren unter welchen Auflagen das Grundwasser abgeleitet werden konnte. Während der gesamten Bauzeit musste dafür regelmässig die Konzentration von Wasserstoff-Ionen bzw. Hydronium-Ionen (ph Wert) gemessen und der Grundwasserspiegel mittels spezieller Messverfahren überwacht werden.
Wie sieht die nächste Sanierung aus, wird sich technisch viel ändern?
Die neuen Versorgungsleitungen weisen eine lange Lebensdauer auf. Wie die Leitungen zukünftig saniert werden ist sowohl von den technischen wie auch von den materiellen Entwicklungen abhängig und kann zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer abgeschätzt werden.
Was wurde alles saniert?
Die alten, noch aus Stahl bestehenden Gas- und Wasserleitungen wurden durch neue hochwertige Kunststoffleitungen ersetzt. Die teilweise noch aus Kupfer vorhandenen Elektrokabel wurden durch neue erstklassige Elektrokabel ersetzt. Zeitgleich wurde das Stromnetz entflechtet, sodass bei einer möglichen Störung nicht alle Liegenschaften betroffen sind und Störungen rascher behoben werden können.
Was waren die Höhepunkte bei den Bauarbeiten?
Die gute Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Personen. Das wir die Sanierungsarbeiten trotz teilweise unerwartet aufgetauchten Herausforderungen planungsgemäss abschliessen konnten.
Auf was könnten sie verzichten?
Die Bauarbeiten mussten etappenweise und unter Verkehr durchgeführt werden, zudem musste die Durchfahrt für die Feuerwehr, die Rettungsdienste und den öffentlichen Verkehr jederzeit gewährleistet sein. Die Bauarbeiten wurden durch den übermässigen Verkehr sehr stark eingeschränkt. Obschon in der Matte grundsätzlich Zubringerdienst gilt, benutzen täglich sehr viele Autofahrer die Matte als Abkürzung, obwohl dies nicht gestattet ist. Die meisten Verkehrsteilnehmer, sowohl Autofahrer wie Elektrovelos und Motorräder halten sich zudem nicht an die signalisierte Geschwindigkeit und passen diese auch nicht an die Baustellenverhältnisse an. Dies ist jedoch leider ein bekanntes Verhalten und war nicht nur spezifisch in der Matte so. Das teilweise rücksichtslose Verhalten der Verkehrsteilnehmer bedeutete eine erhebliche Gefahr für die täglich auf der Baustelle tätigen Mitarbeiter und Anwohner.
Wie war das Arbeitsklima hier in der Matte?
Das Arbeitsklima war während der gesamten Bauzeit sehr gut. Alle Beteiligten und Betroffenen Personen haben entsprechend dazu beigetragen.
Was haben Sie besonders geschätzt?
Die konstruktive Zusammenarbeit mit den Anwohnern, Verwaltungen, Hauseigentümer, Behörden und der Bauunternehmung.
Gab es viele Beschwerden von der Anwohnerschaft?
Dank der frühzeitigen Information über die Sanierungsarbeiten und dem regelmässigen Austausch zwischen der Anwohnerschaft sowie der Bauleitung und den Mitarbeitern der Bauunternehmung während den Bauarbeiten, gab es keine Beschwerden. Trotz den teilweise erheblichen Einschränkungen und Behinderungen durch die Bauarbeiten, waren die Hauseigentümer und Anwohner äusserst verständnisvoll.
Was würden Sie ein nächstes Mal anders machen?
Nichts!
Mit welchem Gefühl denken Sie an die Bauarbeiten
Mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Einerseits mit einem weinenden, weil wir die, in den vergangenen Monaten entstandenen persönlichen Kontakte wieder beenden müssen, anderseits mit einem lachenden, weil wir die Sanierungsarbeiten erfolgreich abschliessen konnten.
Text: Martin Reist, EWB
Bildmaterial: Rosmarie Bernasconi
Martin Reist, Bauleiter, EWB Bern Urs, Francisco, Luca, Spedibau AG,
Claudia Mätzler, Sunkid, www.sunkid.ch
Die „Jungs“ verlassen die Matte”