Angelo Michetti und Marcel MischlerFotos Nicole Stadelmann

Angelo Michetti ist ein bekannter Gast in der Buchhandlung Einfach Lesen Bern, bereits vor vier Jahren sassen wir zusammen, damals mit Franco Masina, und unterhielten uns für den Mattegucker über die Gesamtsanierung der Gebäudereihe Bubenbergrain 15+17, 21+23, Badgasse 4 und Schifflaube 50+52. Seit 2017 ist viel Wasser die Aare hinab geflossen – und mancher Ziegelstein eingemauert worden, eine lange Bauzeit nähert sich nun der dritten und letzten Etappe.

Neue und bekannte Gesichter also in den roten Sesseln im Buchladen. Nach wie vor liegt die architektonische Leitung bei Angelo Michetti, dem Architekten von Campanile + Michetti Architekten AG. Heute wieder mit dabei Angelo Michetti und Marcel Mischler, Mitglied der Verwaltung und Präsident vom Verwaltungsauschuss der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Bern (GBB). Um den Frauenanteil der Runde anzuheben, stösst Nicole Stadelmann, die Fotografin aus der Schifflaube, zu uns. Gemeinsam werden wir die Baustelle am «Bowäger» besichtigen.

Hausdächer und Berner MünsterFotos Nicole Stadelmann

Damals wie heute gilt:

Die 1911 gegründete Gemeinnützige Baugenossenschaft Bern hat auch heute noch zum Ziel, der Bevölkerung einfache, aber zeitgemässe Wohnungen zu günstigen Mietzinsen anzubieten. Sie erwirbt zu diesem Zweck ältere Liegenschaften, welche sie verantwortungsvoll saniert, oder erstellt Neubauten mit sinnvollen und zahlbaren Wohneinheiten. Die Genossenschaft denkt langfristig und verantwortungsvoll. Sie versucht mit Zukäufen und Neubauten der Spekulation entgegenzuwirken

Mit der Sanierung vom Bowäger 15 und 17 begann im Februar 2021 die letzte Etappe.

Auf dem BaugerüstFotos Nicole Stadelmann

Heute, im Jahr 2021 angekommen präsentiert sich ein neues Bild: Wohnungen und Geschäftsräume aus den ersten beiden Etappen sind bereist vermietet, die Bilder von den sanierungsbedürftigen Liegenschaften vergessen. Nur noch am Bubenbergrain ist die Sanierung in vollem Gange, die Räume stehen leer, wir stehen vor einer imposanten Baustelle. und steigen die Treppen hoch – jeder in seinem Tempo, langsam gewöhne ich mich an die Kletterei im Bau. Zuoberst, wo früher die kleinen, niederen Mansardenzimmer lagen, sehe ich nun hohe Räume. «Die Decke wurde herausgenommen», erklärt mir Marcel Mischler. «Die Dachschräge kommt so besser zur Geltung».
Während Nicole mit ihrer Kamera weiter durch die Baustelle streift, begebe ich mich mit Marcel und Angelo zurück in die Mattegucker-Redaktion an der Schifflaube 50. «Das Besondere an dieser Sanierung ist, dass wir die bestehende Häuserzeile mit einem Neubau ergänzen dürfen», führt Angelo aus. «Wir haben hervorragend mit der Denkmalpflege zusammen arbeiten können. Dies muss auch mal erwähnt werden», sagt Marcel Mischler bestimmt. Ihnen ist es wichtig, dass die Denkmalpflege nicht nur als kritisierende Behörde wahrgenommen wird. «Wir konnten vieles gemeinsam klären und haben zusammen nach Lösungen gesucht», ergänzt Angelo.

Dachfenster im RohbauFotos Nicole Stadelmann

Was gibt es hier in dieser Liegenschaft für Wohnungen?

Dies interessiert sicher viele», frage ich lächelnd. «Es gibt alles: 1 ½ Wohnung, 2½, 3 ½ und 4 ½ Wohnung und auch ein Wohnatelier zu unterst im Haus wird es geben. Total werden es 12 Einheiten sein.» «In welchem Preissegment werden die Wohnungen liegen?»
«Eine 3 ½ Zimmerwohnung kostet zwischen 1’600.00 und 1’800.00 und eine 4 ½ zwischen 2’200 und 2’500», sagt mir Marcel, nachdem er seine Unterlagen konsultiert hat. «Das sind humane Preise», gebe ich mich erstaunt. «Wir wollen keine Luxusappartements. Um in der Stadt zu wohnen, dafür sind die Preise angemessen. Es ist nicht das Ziel der GBB, die Preise in die Höhe zu treiben», sagt Marcel. «Was waren und sind die Herausforderungen der dritte Sanierungsetappe»?
«Diese Häuser wurden 1967 gebaut und man verwendete ziemlich günstiges Baumaterial. Dies rächt sich nun und man muss zusätzlich investieren. Wir freuen uns, dass wir alle Wohnungen mit Balkonen ausrüsten können und auch dem Innenausbau wird genügend Aufmerksamkeit geschenkt.»
«Wann wird diese Bauetappe fertig sein?» «Wenn wir alles Material planmässig erhalten, sollten die Wohnungen im Juli/August 2022 bezugsbereit sein.» Ich schaue erstaunt auf. «Weisst du, im Moment muss das Material lange im Voraus bestellt werden, damit es dann auch rechtzeitig da ist. Bis jetzt haben wir noch keine Probleme, weil wir eben vorsichtigerweise frühzeitig eingekauft haben», begründet Marcel Mischler.
«Ja, es ist wirklich so, dass man beispielsweise Holz frühzeitig bestellen musste, denn China und die USA haben weltweit grosse Mengen an Baumaterial eingekauft, um ihre Bauprojekte voranzutreiben», ergänzt Angelo Michetti ernst.
«Jetzt ist es so, dass die hohen Holzpreise in der Schweiz sich nicht mehr gross von der Ware im Ausland unterscheiden.

Die Preise haben sich angeglichen.

«Wir müssen auch Kücheneinrichtungen und Apparate frühzeitig bestellen, damit wir dieses Material rechtzeitig zur Verfügung haben.»
Ich muss die beiden wohl ziemlich erstaunt angeschaut haben.
«Weisst du während der Homeoffice-Zeit haben viele Leute vermehrt zu Hause gekocht und dabei festgestellt, dass einige Küchengeräte erneuert werden müssen. So hatten Küchenbauer und Schreiner mehr Arbeit und die Apparatehersteller mussten natürlich auch liefern. Damit hatte man vor Corona nicht gerechnet», erwähnt Marcel.
«Auf die Idee wäre ich jetzt nicht gekommen», gebe ich zu. «Wir sind aber auf Kurs und werden die Geräte bestimmt rechtzeitig erhalten», meint Marcel augenzwinkernd. «Ihr habt in den verschiedenen Liegenschaften mit unterschiedlichen Handwerkern gearbeitet. Wieso waren es nicht immer die Gleichen?», frage ich weiter.
«Natürlich haben wir einen Pool von Handwerkern in der Genossenschaft, allerdings werden die Ausschreibungen öffentlich gemacht, so dass andere Handwerker, die nicht Genossenschafter sind, auch zum Zug kommen. Der Markt muss spielen und wenn ein Genossenschafter teurer ist als ein Dritter, dann spielt eben der Wettbewerb - das ist gut so», berichtet Marcel.

Ein Areal – unterschiedliche Bauepochen

Die Schifflaube 50/52 wurde um die Jahrhundertwende also so um 1900 gebaut, da waren andere Voraussetzungen für die Sanierung gegeben als für die Badgasse und Bubenbergrain 21 + 23, die 1957 entstanden oder etwa die Häuser am Bubenbergrain 15 + 17, diese wurden 1967 gebaut.

Dachsparren und MünsterFotos Nicole Stadelmann

Dr. Jost-Hartmann Preis

Und fast zum Schluss unseres Gesprächs erwähnen die Beiden, nicht ohne berechtigten Stolz, dass sie für die Erneuerung und Wiederherstellung der Schifflaube 50 und 52, 2020 den Dr. Jost Hartmann Preis der Stadt Bern erhalten haben.
Vor über 30 Jahren vermachte der Jurist Dr. Jost Hartmann der Stadt Bern einen Teil seines Vermögens, damit diese die «am besten renovierten Häuser in der Altstadt von Bern» auszeichnen kann. Der Preis, der alle zwei Jahre verliehen wird, geht aber nicht an Gebäude, sondern an die Menschen oder Institutionen, die sich für deren sorgfältige Weiterentwicklung besonders eingesetzt haben

Gemeinnützige Baugenossenschaft Bern, Bauherrschaft:

Für die beispielhafte Erneuerung der Schifflaube 50 und 52, bei der sie stets grosse Verantwortung und Umsicht im Umgang mit der historischen Bausubstanz gezeigt hat.

Campanile & Michetti, Architekturbüro

für die hervorragende Gesamtsanierung der Gebäude Schifflaube 50 und 52, bei der die originalen Architekturelemente und die lebhafte Farbigkeit wiederhergestellt werden konnten.
«Es macht uns schon stolz, dass wir, die Architekten und die Bauherrschaft den Preis erhalten haben, das gibt es nicht alle Tage, dass gleich beide Organisationen die Auszeichnung erhalten!», freuen sich Marcel und Angelo.

Presslufthammer

Unsere Zeit ist um, Marcel und Angelo verabschieden sich, der eine geht nach Hause zum Mittagessen und der andere wird sich etwas von einem Take-Away hier in der Matte holen. Vielen herzlichen Dank für eure Zeit und wir dürfen gespannt sein, wie die dritte und letzte Etappe schlussendlich aussehen wird.

Und übrigens Angelo Michetti und Marcel Mischler sind ein gutes Team, astrologisch! Angelo ist im Zeichen Skorpion geboren und wird im November 60 und Marcel Mischer im Zeichen Krebs und wird im Juli 63. Er arbeitete seit 1996 bis 2019 bei der Stadt Bern, als StV. Leiter Immobilien Stadt Bern. Seit 2019 ist er im «Unruhestand» und begleitet nach wie vor viele Bauprojekte. Die Zusammenarbeit zwischen der GBB und den CM Architekten ist eine Erfolgsgeschichte.
Grosse Sanierung an der Schifflaube ist Geschichte

Text: Rosmarie Bernasconi
Fotos: Nicole Stadelmann