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Ich bin wieder einmal im Zähringer zu Besuch, lange war es nicht möglich und zwischenzeitlich hat sich viel verändert. Manuel und Oskar, die beiden die altvertrauten Kellner, sind am Aufdecken für den Mittagsservice. Sie begrüssen mich herzlich, als wäre die Zeit stehen geblieben.
Und doch ist alles anders, eine lange Zeit ist vergangen und jetzt warte ich auf den neuen Hausherrn und klar bin gespannt und neugierig.
Da steht er vor uns, der grossgewachsene Gaston Zeiter, im Januar gerade vierzig geworden. Er setzt sich zu uns an den
Tisch. Nicole ist dabei, samt ihrem umfangreichen FotoEquipment. Manuel serviert uns Kaffee und wir kommen ins Gespräch.
Im Restaurant Zähringer ist nun ein Männerteam tätig. In der Küche arbeiten mit dem Chef zusammen vier Leute im Team und im Service sind es Oskar und Manuel.
Gaston Zeiter hat 10 Jahre im Paradies Findeln in Zermatt gewirtet. «Dann kam die Coronakrise und ich musste von einem Tag auf den andern schliessen. Das war nicht ganz einfach, denn ich arbeite gerne und viel», sagt er ernst und sein Blick schweift über die Aare. «Ich hatte viel Zeit, um nachzudenken, was ich tatsächlich machen will», erzählt er. «Die Veränderung hatte ich schon eingeleitet, wusste aber noch nicht in welche Richtung ich gehen würde. Jetzt hatte ich Zeit, um nachzudenken.» Von Freunden hörte er, dass der Zähringer in Bern frei werde. Er musste nicht lange überlegen. «Das war es, meine Chance, eine neue Herausforderung anzunehmen. Es gab verschiedene Bewerber und ich habe mich sehr gefreut, als ich die Zusage für den Zähringer bekam.»
Ab September 2020, mit dem Vertrag in der Tasche, wurde umgebaut, aufgeräumt und ab dem 1. Oktober 2020 öffnete der Zähringer wieder.
«Wie bist du zum Titel vom «Raviolikönig» gekommen?» Dieser Titel war das erste, was ich persönlich hier in der Matte immer wieder gehört habe und es interessierte mich, wieso dieses seltsame Merkmal an ihm hängen blieb. Gaston verdreht die Augen und irgendwie habe ich den Eindruck, dass ihm diese Frage nicht sonderlich behagt. «Das kam so, Urs Heller, Chefredaktor des Gourmetführers Gault Millau Schweiz kam zu mir als Testesser und war begeistert von meinen selbstgemachten Ravioli, seither ist der Name an mir hängen geblieben.»
«Aber es gibt dann schon noch etwas anderes als Ravioli im Zähringer?», scherze ich. Wieder schaut er mich durchdringend an überlegt einen Moment, bevor er ruhig antwortet. «Klar, sind die selbstgemachten Ravioli eine Spezialität. Es ist mir wichtig frische Produkte zu verwenden. Ich bevorzuge die französische Küche und ich mag vor allem Fisch. Auf der Speisekarte stehen aber auch Wienerschnitzel und Cordon-Bleu. Meine Eltern haben in Vispertherminen einen grossen Gemüsegarten und haben extra für mich Gemüse und «Härpfel» (Kartoffeln) angepflanzt. Regional und nachhaltig, darauf achte ich sehr », betont Gaston ausdrücklich. «Butter und Sauce muss allerdings bei einzelnen Gerichten schon auch dabei sein, denn auch das ist gesund», ergänzt er schmunzelnd.
Gaston Zeiter ist Allrounder und Koch mit Leib und Seele und arbeitet lieber im Hintergrund. «Natürlich helfe ich aus, wenn es mich im Service braucht.»
«Was machst du sonst noch gerne, ausser arbeiten?», frage ich lachend.
«Essen und Trinken», sagt er knapp und lächelt. «Wieso bist du als eingefleischter Walliser nach Bern gezogen?»
«Bern und das Wallis vertragen sich gut. Basel und Zürich wären für mich keine Option gewesen. Und eine solche Herausforderung wie das Restaurant Zähringer lässt man sich nicht entgehen. Ich würde auch nicht ans Meer fahren, lieber in die Berge.» Wieder sehe ich sein verschmitztes Lächeln.
«Du musstest ja, wie viele andere Restaurants auch, schliessen, während einer langen Zeit. Was hast du in der Zeit gemacht?» Gaston ist ernst geworden.
«Ich habe viel Neues ausprobiert, experimentiert, sterilisiert, so gekocht, dass man die Speisen nur noch im Wasserbad erwärmen musste. Ab Februar bot ich Takeaway an. Ich war ja so oder so in der Küche und freute mich auch, dass ich etwas tun konnte.»
«Was erwartest du von den Mattebewohner und den Gästen jetzt, wo wieder etwas Normalität eingekehrt ist?
«Ein gutes Zusammenleben und wenn jemand ins Restaurant kommt, dass er auch ehrlich sagt, wenn etwas nicht gut ist. Ich möchte, dass die Gäste wieder kommen und sich wohl fühlen», sagt er bestimmt.
«Ich finde es übrigens sehr schade, wenn die Mattepost tatsächlich zugeht», sagt er unvermittelt. «Es ist doch hier unten unbedingt nötig, dass eine Post vorhanden ist.» Ich nicke und kann es nur bestätigen.
Unsere Zeit ist schon fast vorbei. Die ersten Gäste kommen und suchen ihren Platz. «Wohin wollt ihr «hocke»? Und weist den Gästen den gewünschten Platz zu. Der Garten und die Terrasse füllt sich. Nicole wirbelt mit der Kamera herum und die Jungs stehen schnell fürs Gruppenfoto hin. In Windeseile sind die Bilder im Kasten. Das sechs Männer-Team lächelt freundlich in die die Kamera. Oskar und Manuel hasten die Treppe hinauf wie eh und je, die andern drei verschwinden in der Küche.
Gaston Zeiter verabschiedet sich von uns und eilt ebenfalls hinter seine Töpfe und Pfannen.
Nicole packt ihre sieben Sachen zusammen und gemeinsam verlassen wir den Zähringer.
Herzlichen Dank Gaston für den Kaffee und deine Zeit. Der Zähringer hat Sonntag und Montag geschossen.
Text: Rosmarie Bernasconi
Bild: Nicole Stadelmann