Keine Sorge, gefährlich ist sie nicht und ohnehin nur eine Verwandte der richtigen Vogelspinnen: die Pechschwarze Tapezierspinne. Diese kleine, schwarze Spinnenart lebt an Berns Südhängen, auch in der Matte. Nur bekommt sie kaum je jemand zu Gesicht. Die Spinne leistete früher sogar medizinische Dienste.


Vor 176 Jahren hat Jeremias Gotthelf die Novelle «Die schwarze Spinne» geschrieben, die sich um die Frage nach dem Guten und Bösen dreht. Sie ist zwar auch eine schwarze Spinne, aber viel zu harmlos um
so viel Unheil über die Menschen zu bringen: Atypus piceus, die Pechschwarze Tapezierspinne. Sie gehört in die Familie der Vogelspinnenartigen, ist also lediglich mit den Vogelspinnen verwandt. Tatsächlich ist Atypus piceus giftig, für den Menschen aber völlig harmlos. Ein Bienenstich ist um einiges gravierender.


Zeichnung Pechschwarze  Tapezierspinne von Julia Blum

Ohnehin bekommt man die Tapezierspinne nur selten zu Gesicht, weil sie in verborgenen Gängen im Boden lebt. Selbst Spinnenkenner haben Mühe, die Behau- sungen zu finden. Einzig im Frühling hat man die Chance, die etwa ein Zentimeter grossen Männchen zu beobachten, wenn sie sich auf die Suche nach Fortpflanzungspartnerinnen machen. In der Stadt Bern finden sich mehrere Kolonien an sonnigen Standorten, etwa unter dem Bundeshaus und am Aargauerstalden.

Gefunden hat diese dort der Spinnenforscher Professor Christian Kropf, der im Naturhistorischen Museum Bern arbeitet. In der Matte hat er zwar noch nie gesucht, aber aufgrund der Lage ist davon auszugeben, dass die Tapezierspinne auch hier heimisch ist. Sie mag Südhänge und Magerwiesen.


Ein Leben im Schlauch


Die Spinne kommt zwar bis nach Schweden vor, ist aber südlich der Alpen deutlich häufiger. Was die Spinne so besonders macht, ist ihre Behausung und Jagdmethode: Mit ihren Giftklauen gräbt sie bis 30 Zentimeter tiefe Röhren in den Boden. Die bloss einen Zentimeter breiten Gänge tapeziert sie mit Spinnseide aus und häkelt so einen unterirdischen Seidenschlauch. Den Eingang tarnt die Spinne mit Flechten. Wenn etwa ein Käfer über die Röhre läuft, bleibt er hängen und wird gebissen.


Spannend ist, dass unsere Vorfahren die heilende Wirkung der Spinnenschläuche gekannt haben. So haben Bauern und Sennen die Schläuche gesammelt, bei Bedarf aufgeschnitten und auf blutende Wunden gelegt - der Schlauch stoppt die Blutung und hat antiseptische Wirkung. Die Schläuche kann man jahrelang aufbewahren, selbst, wenn sie feucht werden. Dass die Bauern die verborgenen Röhren überhaupt gefunden haben, ist erstaunlich. Nur jemand mit einem enormen Sensorium für die Natur, ist dazu fähig. Ob die heutigen Bauern noch immer über diese Sensibilität verfügen?


Text: Simon Jäiggi, lebt mit seiner Partnerin und seinen beiden Kindern in der Matte. Er ist einer der «Kummerbuben» und Leiter Marketing und Kommunikation beim Naturhistorischen Museum in Bern.


Illustration: Atypus Piceus (Pechschwarze Tapezier- spinne) Technik: Pigment-Tinte auf Papier, Axial gespiegelt.


Julia Blum, ist wissenschaftliche Zeichnerin und Illustratorin und lebt mit ihrem Mann und den drei Kindern an der Gerberngasse in der Matte.


Simon und Julia haben für den Mattegucker erstmals zusammen gearbeitet.

.Vielen herzlichen Dank für diesen gelungenen Artikel und die tolle Grafik.