Sanierung und Wiederaufbau

Ende 2015 wurde mit dem Grundeigentümer Kanton Bern vereinbart, dass er die Sanierungsmassnahmen für das Gelände und die Neuerschliessung des Areals mit Wasser und Strom finanziert. Die Stiftsgarten GmbH als Baurechtnehmerin trägt die Verantwortung und die Kosten für die ihr zweckdienliche Infrastruktur welche zusätzlich im Gelände entstehen soll. Das heisst für den Bau einer Toilette und eines einfachen und unbeheizten multifunktionalen Arbeitsgebäudes sowie den Wieder­aufbau eines abgerissenen Werkzeugschuppens und das Anlegen verschiedener Trockenmauern sowie eines Weg­netzes im Garten. In Zusammenarbeit mit Architekten der Spaceshop GmbH und der Bauleitung GmbH aus Biel und in Koordination mit dem Amt für Grundstücke und Gebäude Kanton Bern wurde Ende Juni 2016 das Baugesuch für das Bauprojekt eingereicht.

Im September 2016 begann der Kanton die Bauarbeiten seiner nicht bewilligungspflichtigen Sanierungsarbeiten. Der Bau der grossen Stützmauer im oberen Drittel des östlichen Gartengeländes und die Entsorgung von ab­falldurchsetzter Erde und von Baumaterialresten aus der Vergangenheit konnten dank günstiger Witterung bis Ende Jahr abgeschlossen werden.

Die Bewilligung des Baugesuchs erfolgte am 19. Oktober 2016. Abgesehen vom Bau des kleinen Werkzeugschup­pens und dem Setzen einiger Fundamente, konnten die gesuchspflichtigen Arbeiten jedoch 2016 nicht mehr be­gonnen werden, da für die Sanierung einer alten Abwas­serleitung und für die Entwässerung in dieser Steillage weitere Sondierungen und Berechnungen und Ausfüh­rungspläne erstellt werden und vom Tiefbauamt bewilligt werden mussten.

Baustelle Kanalisation Stiftsgarten

Gartenbetrieb, Produktion und Verkauf Anbau und Pflege

Vom gesamten 22 Aren grossen Gartenareal werden auf­grund der Sanierungsarbeiten bisher nur etwa 7 Aren (ca. 30 %) für die Produktion der „Bärner Beeren“ und als naturnahe Lebensräume genutzt. Die Stauden-, Strauch- und Baumpflanzungen entwickelten sich gut. In den Gemüsebeeten wurden weitere alte Tomaten-, Gurken-, Auberginen- und Paprikasorten auf ihre Eignung für die­sen Standort getestet. Die Beerengemüse litten unter den sehr nassen Frühlingsmonaten, was gegenüber dem Vor­jahr zu verfrühtem Pilzbefall und geringerer Ernte führ­te. Noch immer ist es eine Herausforderung, die starken Wurzelunkräuter in den Gemüsebeeten zu schwächen. Die Ernte der noch jungen Johannisbeersträucher war überraschend erfreulich gross. Im zeitigen Frühling wur­de eine weitere Fläche am Hang von ca. 150 m2 für die Bepflanzung vorbereitet. Die Erde musste gesäubert werden und wurde dann von Hand terrassiert. Im April 2016 wurden dort an einem Aktionstag mithilfe von frei­willigen Patinnen und Paten die von ihnen gespendeten ersten 40 Rebstöcke der interspezifischen Traubensorte „Seyval Blanc“ gesetzt.

Die restlichen ca. 60 % des Gartenareals wurden wäh­rend der Gartensaison 2016 in Vorbereitung auf die an­stehenden Bauarbeiten nur gemäht und von dominanten Unkräutern befreit.

Verarbeitung und Verkauf

An drei Kochanlässen zwischen Juli und Oktober wur­den in der Gastro-Küche der „Spysi“ mit den Erzeug­nissen aus dem Garten in Handarbeit drei verschiedene Konfitüren, zwei Sorten Sirup und ein Kürbis-Chutney hergestellt. Fast alle diese Produkte konnten bereits im 2016 verkauft werden. Einerseits wurden sie an den Ar­beitstagen und im Anschluss an Veranstaltungen direkt im Garten verkauft. Zudem konnten die Anwohnerin­nen und Anwohner der Matte ausserhalb der Garten­öffnungszeiten in der Buchhandlung „Einfach Lesen“ frische und verarbeitete Produkte kaufen. Der Teeladen und Bioterra Schweiz übernahmen je einen Teil der Kon­fitürenproduktion und auf dem Wochenmarkt können die verarbeitetn Produkte zusammen mit Produkten des „Gmüesesel“, einem anderen kleinen Betrieb aus der Re­gion Bern, verkauft werden.

Veranstaltungen und Führungen

Die theatralische Führung „Bern statt Babylon – die hän­genden Gärten von Bern“ vom Verein StattLand wurde aufgrund des grossen Erfolgs der Jubiläumsveranstaltung 2015 an sechs Abenden in der letzten Juniwoche 2016 wiederaufgenommen und ermöglichte rund 180 Perso­nen einen Einblick in das Gartenschaffen am Berner Alt­stadtsüdhang.

Die Geschäftsleiterin selbst führte mehrere Gruppen mit heimatkundlichem oder gärtnerischem Interesse durch den Stiftsgarten. Die Idee Stiftsgarten stiess auf viel In­teresse und inspirierte angehende Naturkundelehrkräfte der PH Bern ebenso wie Mitarbeitende von Grün Stadt Zürich.

Ein erster Höhepunkt bildete die Preisverleihung mit Apéro und Führung des Prix Nydegg im Stiftsgarten im Mai 2016. Die Reformierte Kirchgemeinde Bern Nyde­gg zeichnet mit diesem mit SFr. 1000.- dotierten Preis alle zwei Jahre ein Projekt oder eine Person aus, das/die sich im Einzugsgebiet der Kirchgemeinde für das Quar­tier und seine Menschen engagiert. Im Mai wurde die erste kulturelle Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung „Einfach Lesen“ realisiert. Bis Ende September fanden sechs Lesungen vorwiegend mit Ber­ner Autoren oder mit thematischem Bezug zu Bern statt. Den Abschluss der kulturellen Aktivitäten bildete auch im 2016 die Adventsfensterfeier in der unteren Altstadt.

Herzlichen Dank

Allen Personen und Institutionen, die den Stiftsgarten im 2016 unterstützt haben, gebührt unser grösster Dank. Mit der institutionellen Unterstützung war und ist es mög­lich, einen grossen Teil der ersten Bauphase, welche alle Baumeisterarbeiten, die Errichtung des Werkzeugschopfs und der Toilette, das Abwasser- und Werkleitungssystem sowie Umgebungsarbeiten umfasst, zu finanzieren. Ein besonderer Dank gilt der Ökonomischen-Gemeinnützi­gen-Gesellschaft-Bern (OGG), die als Gesellschafterin an diesem Projekt mitbeteiligt ist.

Und dann noch etwas in eigener Sache

Im Juli 2017 konnte endlich, endlich der grosse Bagger von der Baustelle im Stiftsgarten gehoben werden und die Tiefbauarbeiten sind nun definitiv abgeschlossen. Seit dem angekündigten Ende vom 3. Mai kam fast jeden Tag eine unangenehme Überraschung zutage, die für die weitere Verzögerung vor Ort verantwortlich waren. Ne­ben der Abwasserleitung aus der Altstadt, die durch den Garten führt und saniert werden musste, befanden sich in der Erde der Ebene bis auf 1.5m Tiefe weitere Abfall­depots, so dass diese nicht wieder im Gelände verwendet werden konnte, sondern abgeführt werden musste. Das hiess auch, dass wiederum Erde von einem anderen Ort lastwagenweise hertransportiert und in das Gelände ge­hoben werden musste. Weitere nicht erfasste alte Sicker­leitungen mussten im bestehenden Entwässerungssystem integriert werden, damit nicht auf einmal die Mauern zur Badgasse hin rutschen. Es handelte sich hauptsächlich um Arbeiten, die mit dem Gartenprojekt nichts zu tun haben. Der Hang ist zudem sehr unstabil und sehr steil, also schwierig zu bearbeiten.

Wir haben volles Verständnis für den Unmut und den Frust, den einige AnwohnerInnen mittels offizieller Lärmklagen, Transparenten und anonymen Anrufen geäussert haben, auch wenn uns ein direktes Gespräch oder einmal ein Besuch im Garten lieber gewesen wäre. Es tut uns sehr leid, dass sich aus der Idee, eine Gartenoa­se zu schaffen, aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen auf einmal so ein gigantisches Tiefbauprojekt entwickelt hat.

Es hat uns schlicht auch überrollt, enorm gestresst und manchmal auch wirklich überfordert, so dass wir für vie­le unserer Aufgaben, auch die kontinuierlichere Kom­munikation mit den AnwohnerInnen, keine Kraft mehr hatten. Was sich als GmbH vielleicht wie eine grössere Unternehmung anhört, ist ein „Zweifrauen-Betrieb“. Und die gesamte gärtnerische Arbeit ist bis heute ehren­amtlich.

Beeren und Gemüsekorb aus dem Stiftsgarten

Ausblick

Wie geht es weiter? Die Gartenbaufirma, welche die Um­gebungsarbeiten macht, hat ab sofort Betriebsferien. Das heisst, die letzten Reste Trockensteinmauern und eine Treppe im östlichen Teil des Gartens, sowie Begrünungs- und Bepflanzungsarbeiten finden im August ihren Ab­schluss, dafür werden die Motorgarette, der kleine Bagger und evtl. ein Stampfer eingesetzt. Ansonsten wird es jetzt definitiv ruhiger und auch wir freuen uns sehr darauf. Die Beerensaison war trotz aller widrigen Umstände sehr erfolgreich.

Und es soll wieder feine Confi aus den Beeren vom Stifts-garten geben, die auf dem Wochenmarkt, im Stiftsgarten und im Buchladen Einfach Lesen erhältlich sind. Wir freuen uns, nun so langsam auf fruchtbaren Bo­den zu stossen. Im August geht’s weiter mit «Literatur im Stiftsgarten» und weiteren Aktivitäten. Auch soll der Garten langsam seine Früchte tragen.

Regine Frei und Publikum im Garten

Nächste Veranstaltung "Literatur im Stiftsgarten"

22. August Regine Frei im Gespräch mit Rosmarie Ber­nasconi. Mit «Gute Nachbarn» legt Regine Frei bereits ihren fünften Krimi vor. Die Krimis der leidenschaftli­chen Buchhändlerin und Autorin handeln in und rund um Bern. Infos auch auf www.einfachlesen.ch 
19. September - Matthias Vatter „Totentanz? Oder: wie sehen eigentlich die Radieschen von unten aus? - Vom kreativen Umgang mit Sterben & Tod heute“ Ein lebhaft-kreativer Abend mit Nathalie Heid (Kera­mikkünstlerin), Jared Muralt (Illustrator) und Matthias Vatter (Verleger).

Infos über den Stiftsgarten finden Sie auch auf
www.stiftsgarten.ch