Sam FankhauserIch haste nach Ladenschluss im Regen durch die Matte, denn ich habe mit Samuel Fankhauser in der Veloflicki an der Gerberngasse 27 abgemacht. Sam kennt man in der Matte, seit etlichen Jahren bereits baut er seine «Veloflicki» aus. Ich steige in seinen «Velo-Keller» hinunter und bin überrascht, in einem richtig gemütlichen, hellen Ladenlokal zu stehen. Velos überall und viel Zubehör, Artikel rund ums Velo. Von der Bekleidung bis zur Velopumpe sehe ich alles, was zum Rad gehört. Sam hat sich den Keller praktisch und dennoch gemütlich eingerichtet.

«Willst du einen Kaffee?» Hinter der kleinen Bar ist eine Kaffeemaschine und die Büro Ecke versteckt. «Nein, danke um diese Zeit mag ich keinen Kaffee mehr.»

Sam wurde an der diesjährigen Hauptversammlung in den Vorstand des Matteleist zum Beisitzer gewählt. Er will zuerst mal schauen was sich für Aufgaben für ihn ergeben. Sam will an einem aktiven Mattequartier teilnehmen. Er spricht bedächtig und überlegt lange, bevor er antwortet. Samuel Fankhauser der «Mister Veloflicki in der Matte» ist ein nachdenklicher, freiheitsliebender Mensch, der lieber alleine ist als mit vielen Menschen zusammen. Natur und Velo gefallen ihm besser als Städte und Rummel. Doch Sam lässt sich nicht so leicht einordnen, manchmal weiss man nicht so genau, ob er es ernst oder humorvoll meint. Er lässt sich nicht in die Karten blicken. Sam mag ein gutes Glas Wein, kocht am liebsten selber, denn dann wisse er was drinnen ist. Auswärtsessen ist nicht so seine Leidenschaft.

Seit mehr als 10 Jahren lebt er nun in der Matte, mit seiner Partnerin Sabine zusammen. Früher lebte er in der Nähe von Zürich. «Mir gefällt es hier wirklich, in der Matte», sagt er.

Wir blödeln etwas herum, denn wir haben herausgefunden, dass wir beide von Zürich nach Bern gezogen sind. Als ich ihm sage, dass der Zug von Zürich nach Bern das Schönste sei, meinte er lachend: «Stimmt nicht. Das Seefeld mit dem schönen Zürichsee ist durchaus angenehm, denn der Zug von Zürich nach Bern ist immer «vollgestopft» das kann ja nicht wirklich gemütlich sein.»

Aber manchmal wäre es wohl deutlich besser, wenn Sam mit dem Zug unterwegs wäre. Denn in den letzten zwei Jahren hat ihn das Verletzungspech sozusagen auf dem Velo verfolgt. Zuerst gab es er eine Auszeit, weil er sich am Knie verletzte. Als er wieder einigermassen «zusammengeflickt» war brach er sich den Ellbogen und musste operiert werden.

«Und jetzt wie geht es dir? Kannst du wieder biken und velofahren?» «Auf der Strasse geht’s schon wieder ganz gut, aber biken geht nun wirklich nicht. Ich will auch nichts riskieren und forcieren.»

 «Was ist das Schöne am Velofahren?»

«Velofahren ist für mich Freiheit, der Wind im Gesicht, Natur und Landschaft, und, ich komme weiter als mit Wandern. Mich fasziniert, wie schnell man sich mit eigener Kraft vorwärts bewegen kann. Es kostet nicht viel und die ganze Welt steht mir offen ich habe sehr viele Möglichkeiten.»

«Was hältst du vom E-Bike?»

«Super, sagt er begeistert. «Seit Sabine ein E-Bike hat, können wir wieder gemeinsam ausfahren. Das E-Bike ist grundsätzliche eine gute Sache. Es gibt aber auch «Stromerfahrer» die sich über die Autofahrer aufregen und dabei selber fahren wie die Verrückten. Ich bin noch zu jung, um E-Bike zu fahren … gefühlt zu jung. Das hat aber nichts mit dem effektiven Alter zu tun.» Sam ist im Zeichen Schütze 1957 geboren.

«Bei den E-Bike Fahrern würde es mich stören, wenn sie damit auf den schönen Bike-Single Trails in den Bergen unterwegs sind. Wenn sie auf eine Alpbeiz hochfahren ist das noch ok für mich. Das kann nicht der Sinn vom Velofahren sein», meint er bestimmt.

«Wohin würdest du Reisen, wenn du einfach so drauflosfahren könntest?» Sam überlegt, bevor er antwortet. «Ein lang gehegter Traum: Ich würde das Velo nehmen und Richtung Mongolei und China fahren … mit dem Allernötigsten … aber dieser Traum ist wohl gestrichen, dafür bin ich wohl zu alt», sagt er fast bedauernd.

«Sabine und ich haben ein kleines Wohnmobil und damit wollen durch ganz Europa reisen. Ich muss nicht auf die Philippinen oder sonst wohin. Europa ist schön und bietet sehr viele verschiedene Gesichter . Wir fahren regelmässig nach Frankreich. Glücklicherweise kann Sabine gut französisch. In Frankreich hat es unglaublich schöne Regionen. Kreuz und quer durch Europa zu driven und in Sizilien überwintern und dann weiter nach Kroatien, Slowenien …» Seine Augen leuchten und trotzdem bleibt er am Boden.

«Wie lange willst du den Laden hier unten im Keller betreiben?» «Ich will nicht aufhören. Mein Ziel ist es, so zu reduzieren, damit ich arbeiten kann so lange ich gesundheitlich mag. Irgendwann möchte ich dann keine festen Öffnungszeiten mehr haben und nur noch offen ist, wenn die «COPIN-Fahne» vor der Türe im Wind weht. Auch mit 70 kann man noch immer Velos bauen und flicken.

Sam ist zur Zeit intensiv mit dem Velofest anlässlich der Tour de France beschäftigt. Er koordiniert die verschiedenen Aktivitäten hier unten in der Matte. Infos auf www.velofest.ch oder auch bei Sam Fankhauser.

Im Weiteren organisiert er einen wöchentlichen Gravel-Treff. Gemeinsam statt einsam erkunden wir die Umge
bung von Bern, immer auf der Suche nach schönen Gravelroads (Erklärung s. unten). Wir treffen uns jeden Dienstag von Mai bis September um 18.15 auf dem Wöschhüsiplatz in der Matte, Gerberngasse 27. Um 18.30 starten wir zu unserer Feierabendrunde. Die Gravel-Ausfahrten sind jeweils ca. 30km (+/-) und dauern zwei bis zweieinhalb Stunden. Anschliessend gehen wir noch eins trinken."

Samuel Fankhauser als ausgebildeter Bikeguide führt die 'Gravelfreunde' auf schöne Nebenstrassen und Wanderwege rund um Bern. Das Motto ist: Gemeinsam Spass haben am Velofahren und der Natur (Eher sportiv leistungsorientierte Menschen finden sicher anderswo Anschluss). Mitmachen kann bei uns Jeder-mann/Frau, der die Freude am Velofahren und ein funktionstüchtiges Bike hat, das auch neben dem Asphalt gut zurechtkommt. Und wer gerne einmal ein Gravelbike testen möchte, kann bei Samuel Fankhauser eines für die Abendausfahrt oder auch für ein ganzes Wochenende mieten: www.copin-velos.ch.

Danke Sam für deine Zeit und gute Gesundheit, damit du noch lange velofahren kannst und irgendwann auch mal wieder biken.

Rosmarie Bernasconi