5./6. Klasse Schulhaus Matte

Otto SchützWann gingen Sie hier in die Schule? Etwa von 1941 an. Wie lange und in welchen Klassen? 9 Jahre lang. Waren Sie in der Sprachheilschule oder in der Primarschule? Primarschule, aber im anderen Schulhaus. Wie streng waren Ihre Lehrer- und Lehrerinnen? Die Lehrer waren schon streng, aber es war gut so. Eine hiess Frau Krebs, sie war sehr streng, aber gerecht. Und ich habe viel gelernt.

Waren Sie gut in der Schule?

In Geografie war ich gut, in der Math war ich schlecht. Was war früher in der Matte anders? Es hatte praktisch keine Autos, wir konnten auf der Strasse Fussballspielen. Nur der Spengler in der Badgasse hatte ein Auto, der Mühleplatz war parkplatzfrei. Wie war ihr Schulweg? Ich wohnte an der Badgasse, also nicht weit.Haben Sie auch Überschwemmungen erlebt? Bitte erzählen Sie uns davon? 1944 als ich in der vierten Klasse war, ist die Diphtherie ausgebrochen und ich bin erkrankt. Da ich hoch ansteckend war, durfte ich ein halbes Jahr nicht in die Schule. Bei der Überschwemmung haben sie Stege über den Mühleplatz gebaut und ich schaute dem Treiben zu. Da bin ich der Polizei aufgefallen. Sie fragten mich, warum ich nicht in der Schule sei. Als ich sagte, ich hätte Diphtherie, sind sie geflüchtet und haben mich nach Hause geschickt.

Hat sich am Gebäude und dem Pausenplatz seither etwas verändert?

In der 9. Klasse war ich der beste Schüler und deshalb durfte ich die Gedenktafel von Ferdinand Hodler enthüllen. Irgendeiner hatte herausgefunden, dass dieser einmal hier zur Schule ging. In der Turnhalle gab es eine grosse Ausstellung von Hodler. Heute wäre das undenkbar, da die Bilder viel zu kostbar sind. Wie war der Stundenplan und wann begann die Schule? Wie heute. Jedoch hatten wir nur am Mittwochnachmittag frei und am Samstag war Schule bis mittags. Haben Sie viel Blödsinn gemacht? Es gab die Badgass-Bande und die Marzili-Bande. Ich war Anführer der Badgass-Bande, da ist schon einiges geschehen. Z.B. musste man eine Mutprobe machen, um aufgenommen zu werden. Ich habe entschieden, dass die Anwärter von einem Wäschepflock springen mussten. Den brauchte man, um die Wäscheleinen zu halten, und da hatte es so Eisenhaken dran. Dummerweise ist einer mit dem Unterarm hängen geblieben und blieb in der Luft hangen. Es blutete und alle rannten davon, ich auch … Doch plötzlich bin ich umgekehrt, weil ich gemerkt habe, dass ich den jetzt zuerst da herunterholen musste. Danach bin ich auch weggerannt. Natürlich hat dann die Polizei den Fall untersucht und ich gab zu, die Idee gehabt zu haben. Der Polizist hat gefragt, ob ich ihn heruntergeholt hätte. Als ich ja sagte, meinte er, dafür hätte ich einen Preis verdient. Ich habe aber nie einen bekommen.

Als Sie so alt waren wie wir, was haben Sie in der Freizeit am liebsten gemacht?

Ich rutschte irgendwann in die Gruppe der Pfadfinder rein. Von da an war ich immer weniger in der Matte und wurde da ein bisschen zum Aussenseiter. Das Schönste war, wenn ich dem Weltmeister im Bahnrennfahren Oskar Plattner das Velo in die Stadt tragen konnte, da bin ich heute noch stolz drauf.

Haben Sie sich oft geprügelt?

Ich war zu schwach, deshalb habe ich mich nicht oft geprügelt. Solchen Situationen bin ich aus dem Weg gegangen. Wie verstanden sich Mädchen und Jungen? Nicht so gut.

Gab’s bereits einen Mittagstisch?

Nein, aber in der Junkerngasse ein Speiselokal…Da konnten die Armen günstig essen. Ich musste zu Hause essen, weil mein Vater ein festes Einkommen hatte. Er arbeitete bei der Müllabfuhr und hatte regelmässig Arbeit als einer der wenigen im Quartier. Mussten Sie als Kind alles essen, was auf den Tisch kam? Ja, schon. Salat gab’s nie, das war zu teuer. Aber ich habe trotzdem nicht alles gegessen.

Was hatten Sie als Schüler in der Schule am liebsten?

Geografie und das Skilager einmal im Jahr. Welches war ihr schönstes Erlebnis als Schüler? Die ganze Schule machte jeweils einmal im Sommer einen Ausflug nach Gampelen zum Schwimmen. Wir fuhren mit dem Zug nach Gampelen und mussten über einen Feldweg zum Neuenburgersee marschieren. Vor einigen Jahren ging ich wieder hin, aber heute sind da nur Zäune und Camper. Man kann nicht mehr hingehen.

Welches war Ihr schlimmstes Erlebnis?

Einmal paddelten wir mit Booten auf das Grieninseli, um dort zu picknicken. Ich hatte Angst, wir kämen nicht mehr heil zurück. Wir waren zu dritt. Einer war ein berühmter Schwimmer. Er beruhigte mich und sagte mir, mit ihm könne ich nicht ertrinken, er könne viel zu gut schwimmen …

Wenn Sie heute nochmals in die Schule gehen könnten, was würden Sie anders machen als damals?

Ich würde mich im Fach Mathematik mehr einsetzen.

Welchen Beruf haben Sie erlernt?

Ich habe die Matura nachgeholt und dann Physik studiert. Schnell wurde ich angefragt als Dozent und habe dann an der Berner Fachhochschule unterrichtet.

Wie alt sind Sie heute?

81.

Herzlichen Dank für Ihre Zeit, die Sie sich für uns genommen haben.