Bei strömendem Regen wurde am Montag, 7. Juni 2014 um 17:00 Uhr der Matte-Poller das erste Mal hochgefahren. Das Tief Michaela sorgt für hohe Niederschlagsmengen und in der Nacht auf den Dienstag schoben die Mannen vom Regulierungsdienst des Kantonalen Amtes für Wasser und Abfall (AWA) eine erste Nachtschicht. Der Wasserdurchfluss stieg auf 330 m3/sec. So hoch, wie seit einem Jahr nicht mehr. Generell erwarte man keine Zuspitzung der Situation, sagt Franz Märki von der Berufsfeuerwehr. «Wir informieren die Leute einfach, damit sie den teuersten Wein nicht zuunterst im Keller lagern.»
Am Samstag, 12. Juli 2014 wurden die letzten Matte-Schüblig aufgepumpt. In Thun mussten die Schleusen geöffnet werden und der Wasserdurchfluss erreichte die Schadensgrenze von 420 m3/sec. Während die Mätteler die letzten TALIMEX-Barrieren montierten, stieg in der Wasserwerkgasse das Fest zum fünfjährigen Bestehen des Tanzwerks 3011.

Matte-Leute auf der Schlhaustreppe

Lange blieb es trocken und der Regen setzte erste gegen Mitternacht wieder ein. Aber etwas mehr Sommer hätte man den jungen Leuten schon gewünscht! Am Sonntagmorgen beobachteten zahlreiche Schaulustige, wie die Feuerwehr nichts anbrennen liess und verkeiltes Treibholz mit einem grossen Kran fortlaufend aus der Schwelle entfernte. Am Montag erstes Aufschnaufen. Die Feuerwehr beginnt am Nachmittag mit dem Rückbau der Hochwassersperren. Für negative Schlagzeilen sorgten die aufgeschlitzten Hochwasserschläuche, die erstmals eingezäunt und sogar von der Securitas bewacht werden mussten. Über diese gesellschaftlichen Werteveränderungen blieben nicht nur die Mätteler sprachlos. Alles in allem zog man bereits eine positive Bi-lanz und baute die Pumpen wieder ab.
Wer konnte schon ahnen, dass es am 22. Juli 2014 wieder von vorne losgehen würde. «Keller räumen und Fahrzeuge aus dem gefährdeten Gebiet räumen», informierte die Stadt Bern per SMS. In den kommenden Tagen wütete der "Eggiwil Fuerma" im Emmental wie zu Gotthelfs Zeiten, während die Mätteler verschont blieben. Eine «blockierte Omega-Lage», wie die Wetterfrösche es nannten, bescherte uns viel Wasser bis Anfangs August. Immer nahe an der Schadensgrenze, aber zum grossen Glück nie darüber.
Diese ständig wiederkehrenden, grossen Niederschlagsmengen im Berner Oberland, im Gantrischgebiet, rund um den Belpberg, im Eriz und im Kiesental haben dazu geführt, dass sich der Pegelstand der Aare in Bern schlussendlich über vier Wochen immer wieder um die Schadengrenze herum bewegte. Brienzer- und Thunersee waren randvoll, das AWA musste den Hochwasserentlastungstollen in Thun wiederholt öffnen und die Pegelstände regulieren. So wurde jede regenfreie Minute dazu genutzt, möglichst viel Wasser über die Aare abzulassen.

Feuerwehrmann im Autofenster

Verschiedensten Akteuren gilt ein riesiges Dankeschön. Den Schleusenreglern, die den Abfluss des Thunersees Tag und Nacht millimetergenau regulierten. Der freiwilligen Feuerwehr, ohne die die zahlreichen Beaver-Schläuche nicht rechtzeitigt aufgepumpt und schlussendlich wieder entleert werden. Der Feuerwehr der Stadt Bern, die die Pumpen rund um die Uhr am Laufen hielten und kaputte sofort auswechselten. Den Mannen mit ihren Motorsägen, die das viele Treibholz aus der wackeligen Schwelle entfernten. Den Zivilschützern und der Polizei, die vor Ort waren. Den Anwohnern, die inzwischen gelassen und routiniert das eigene Haus oder den Keller verbarrikadierten.

Trotzdem: wir hatten auch Wetterglück. Ein zusätzliches heftiges Gewitter zu einem ungünstigen Zeitpunkt und die Mätteler hätten dann doch noch nasse Füsse gekriegt. Darum werden die von der Stadt geplanten Hochwasserschutzmassnahmen mit Spannung erwartet. Zum Schutz der Matte ist entlang der Aare eine mit Sandstein verkleidete Mauer geplant. Damit die Mauer nicht so dominant wird, wie ursprünglich vorgesehen, wird der Freibord mit mobilen Dammbalken gesichert. Auf eine öffentlich begehbare Quaianlage – wie sie ebenfalls ursprünglich geplant war – wird verzichtet. Eine unterirdische Dichtwand soll dafür sorgen, dass kein Aarewasser durch den Boden in die Häuser eindringt und Schäden verursacht.
Vom 15. Dezember 2014 bis am 6. März 2015 läuft das Mitwirkungsverfahren zum Wasserbauplan. Die Stadt plant am Donnerstag, 8. Januar 2014 um 19:00 Uhr eine grosse, öffentlich Veranstaltung, an welcher der Wasserbauplan vorgestellt wird. Der Ort wird rechtzeitig bekannt gegeben.
Res Lüthi