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Das Merkblatt zu den Hochwasserschutzmassnahmen der Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie nimmt es vorweg: «Das nächste Hochwasser kommt bestimmt – bereiten wir uns vor!»
Liebe Mätteler
- Die Jahrhunderthochwasser von 1999 und 2005 sind uns noch in wacher Erinnerung. Aber auch die Jahre dazwischen haben Sie und die Einsatzkräfte immer wieder auf Trab gehalten:
- Im Jahr 2000 wurde nach einem schweren Tauchunfall bei der Scherzligschleuse in Thun eine künstliche Flutwelle ausgelöst, die die Aare auch in Bern noch bedrohlich ansteigen liess.
- Im August 2002 trat die Aare in Bern vereinzelt über die Ufer.
- Anfangs Juni 2004 sorgte der Besuch von Papst Johannes Paul II. dafür, dass das gleichzeitige Hochwasser kaum wahrgenommen wurde.
- 2006 verzeichneten die Einsatzkräfte gleich zwei Hochwasser – Ende Mai und Mitte September.
- Im Jahr 2007 folgte das Hochwasser im August.
- Nach drei ruhigen Jahren bescherte uns ein Starkregen im Oktober 2011 eine Hochwassersituation.
- Eine aussergewöhnliche Wetterkonstellation im Eriz sorgte im Juli 2012 dafür, dass die Zulg mit einer nie gesehenen Wasser- und Holzwalze zu einem plötzlichen Hochwasser in der Aare führte.
- Im Juni 2013 standen die Einsatzkräfte wiederum an der Aare.
Auch in diesem Sommer war es erneut soweit: Ständig wiederkehrende grosse Niederschlagsmengen im Berner Oberland, im Gantrisch, rund um den Belpberg, im Eriz und im Kiesental haben dazu geführt, dass sich der Pegelstand der Aare in Bern über vier Wochen immer wieder um die Schadengrenze herum bewegte. Brienzer- und Thunersee waren randvoll, das kantonale Amt für Wasser und Abfall (AWA) musste den Hochwasserentlastungstollen öffnen und die Pegelstände regulieren. So wurde jede regenfreie Minute dazu genutzt, möglichst viel Wasser über die Aare abzulassen. Die Berufsfeuerwehr stand in ständigem Kontakt mit dem AWA, kontaktierte regelmässig Wetterstationen, Meteo Schweiz und setzte ihren Naturgefahrenberater ein. Die Feuerwehr hielt mit SMS-Hochwasser-Meldungen die direkt betroffene Bevölkerung auf dem Laufenden. Der Zivilschutz betrieb auf dem Läuferplatz einen Infostand. Tauchpumpen, feste Sperrelemente, Sandsäcke und die Beaver-Schläuche waren installiert. In der Schifflaube stand der Kranwagen und holte verkeilte Holzstämme aus den Schwellen. Er wäre auch bereit gestanden, notfalls die mobilen Sperrelemente der Schwellen zu entfernen. All die vorsorglichen Massnahmen zeigten Wirkung; in Bern wurden keine Schäden gemeldet.
Das war anderswo ganz anders: Die Bilder von Wasserfluten und Zerstörung aus Sumiswald, Röthenbach, Lützelflüh und Trub gingen durch die Medien. Thörishaus beklagte nach einem sintflutartigen Regen ein Todesopfer. Angesichts dieser Bilder haben wir in Bern auch Glück gehabt. Was wäre passiert, wenn die Unwetter von Sumiswald im nur wenige Kilometer entfernten Eriz niedergegangen wären? – Ein weiteres Jahrhunderthochwasser wäre uns gewiss gewesen!
Die ausserordentliche Dauer der immer wieder prekären Wetterlage stellte für die Einsatzleitung eine spezielle Herausforderung dar: Einschränkungen für die Bevölkerung standen dem Willen der Einsatzkräfte, Hochwasserschäden zu verhindern, gegenüber. Das führte dazu, dass während der vier Wochen Schutzvorkehrungen mehrmals rückgebaut, und, weil sich die Wettersituation wieder zuspitze, erneut eingesetzt werden mussten. Dazu kam ein anderes Problem: Vandalismus durch nächtliches Partyvolk ist gerade auch in der Matte hinlänglich bekannt; der gesellschaftliche Werteverlust machte aber auch vor den Beaver-Schläuchen nicht halt, und so musste bei Kontrollgängen festgestellt werden, dass mehrere Schläuche mutwillig beschädigt worden waren. Selbst der kostspielige Einsatz von Securitas-Patrouillen und Absperrelementen konnte dem Treiben nicht Einhalt gebieten. Aber auch die Bevölkerung und Ereignistouristen foutierten sich um Absperrungen und Anordnungen der Einsatzkräfte. Die Leute kraxelten ungeniert und gleichermassen ungelenk über die Schläuche, obschon der Zivilschutz nur wenige Meter entfernt Übergänge erstellt hat. Mein Verständnis hört auch dann auf, wenn aus der Bevölkerung Reklamationen an die Berufsfeuerwehr gelangen, weil gewohnte Ausstiegsstellen aus der Aare wegen der Schutzmassnahmen verbaut seien – gerade weil Schwimmer während des Hochwassers etwas in der Aare zu suchen hätten – oder dass es langsam an der Zeit sei, die Sperrgitter wegzuräumen, weil sie den Blick auf die Aare einschränken würden… Soweit haben wir es gebracht! Da freuen sich die Einsatzkräfte doch viel mehr an den zahlreichen positiven Reaktionen der Bevölkerung aus den betroffenen Gebieten, die zum Ausdruck bringen, dass man sich auf ihre Feuerwehr verlassen kann.
Die Stimmberechtigten haben 2013 der Vorlage "Hochwasserschutz Aare Bern" mit einem grossen Mehr zugestimmt. Nächstes Jahr soll das Bauprojekt bereinigt und 2016 zur Abstimmung gebracht werden. Läuft alles nach Plan, wird mit der Umsetzung weiterer langfristiger Hochwasserschutzmassnahmen ab 2017 gerechnet. Darum gilt das eingangs erwähnte Zitat unverändert: «Das nächste Hochwasser kommt bestimmt – bereiten wir uns vor!»
Franz Märki
Leiter Kommunikation Berufsfeuerwehr Bern