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Luise und André Nydegger betreiben einen kleinen, schnuckeligen Lebensmittelladen am Läuferplatz. Lu, wie sie liebevoll genannt wird, begrüsst mich herzlich unter der Türe ihres Ladens am Eingang zur Matte, unten am Nydeggstalden. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Sie mag Menschen. André, der sich in der Küche zu schaffen macht, schaut kurz in den Laden und begrüsst mich ebenfalls mit einem Lächeln. Ich fühle mich sofort wohl in diesem spezielle Matte-Geschäft. Ich stelle mich an die Käse-Fleisch-Theke und starte meinen kleinen Netbook. Währenddessen bedient Lu ihre Kundschaft über den Ladentisch.
Einer sucht ein grünes Feuerzeug. Ein Sechsjähriger schnappt sich einen Lollipop. «Du hast zu wenig Geld für den Lollipop», meint Lu. «Ich gebe ihn dir jetzt trotzdem mit.»
Der Kleine strahlt Lu glücklich an und verschwindet.
Es ist ein Kommen und Gehen an diesem heissen Augusttag. Eigentlich müssten doch alle im Schatten liegen oder in der Aare schwimmen», bemerke ich. Jetzt ist auch mein Netbook startklar und ich könnte mit meinen Fragen beginnen, wenn da nicht ständig die Ladenglocke bimmeln würde: «Hallo Lu, schöne Ferien gehabt», wird sie von einer Kundin begrüsst. «Ja, klar wie immer. Ich habe mich aber auch gefreut wieder hier zu sein», erzählt sie. Die Kundin kauft Brot und Salat und verabschiedet sich.
Eine Touristin ersteht eine grosse Flasche kühles Mineralwasser. Ich schaue mich inzwischen im Laden um und staune: frische Salate, Brot, - alles was das Herz begehrt. Unten in den Gestellen ist das WC und Haushaltpapier verstaut. Man findet wirklich alles was man zu Leben braucht. Milch, Butter, Brot Eier und Käse. Auch Tageszeitungen fehlen nicht bei Nydeggers.
«Ich mache noch Salat», meint André Nydegger und verschwindet wieder in seiner kleinen Küche hinter dem Laden. Die beiden Nydeggers ergänzen sich ausgezeichnet. Luise bedient im Laden und André wirkt im Hintergrund. Eine ideale Mischung sind die beiden, die am 2. Mai 1988 den Laden am Läuferplatz übernommen haben.
Endlich haben wir einen kurzen Moment Ruhe, um uns zu unterhalten.
«Was war deine Motivation, in der Matte einen Laden zu übernehmen?», will ich wissen. «Es ist schön, ein Geschäft zu haben», sagt die Widderfrau.
Lu wurde am 29.3.1954 in Eriswil geboren und wuchs im Emmental auf. Lu hat eine Lehre als Verkäuferin in einer Bäckerei abgeschlossen. Andre Nydegger wurde am 12.1.1950 im Berner Oberland geboren. Er absolvierte eine Metzgerlehre und arbeitete viele Jahre bei der Migros. Als sie den Laden im 1988 übernahmen, arbeitete er noch vier Jahre bei der Migros weiter, bis er sich entschloss, ebenfalls voll im Laden tätig zu sein. «Wir leben bescheiden, und da wir keine Angestellten haben, können wir beide gut davon leben. Wir arbeiten viel, oft bin ich um fünf Uhr schon im Laden und bereite den Tag vor. Auch liefern wir Getränke aus. Leider haben wir keine Kapazität mehr frei und so können wir nur noch an bestehende Kunden ausliefern.», führt André Nydegger aus. «Ist doch schön, wenn man das einfach so sagen kann», wende ich ein.
André und Luise lächeln sich an. André ist der Innenminister und Lu die Aussenministerin, erklären sie mir. Man spürt die Harmonie zwischen den Beiden, und die ist nicht gespielt. Lu und André sind seit 39 Jahren ein Paar und haben es nach wie vor sehr gut miteinander. «Wir sind gerne zusammen», sagen beide gleichzeitig.
«Seit ihr der Matte zugehörig?»
Nein, sagt Lu lachend und bestimmt.
Ich muss wohl ziemlich verdutzt drein geschaut haben, denn für mich gehören die Nydeggers zur Matte.
«Die Mätteler haben wir gerne», lenkt Lu ein. «So ist es nicht, aber der Läuferplatz gehört zur Altstadt. Unsere Kundschaft kommt natürlich aus der Matte auch vom Nydeggstalden und Altenberg – von überall her. Dies sagt sie nicht ohne Stolz.
«Uns gefällt es sehr am Läuferplatz.»
«Wieso habt ihr das Geschäft eröffnet?»
«Ganz einfach, die Freude am «verchöiferle». Das war wirklich ein Hauptargument.» Lu erzählt mir eine Geschichte. Ich höre ihr gerne zu. «Eine ältere Frau kam oft zu mir zum einkaufen. Eines Tages fragte sie höflich, ob sie mich mit Vornamen ansprechen dürfe. Sie fand meinen Vornamen so toll, weil sie an der Luisenstrasse lebte.» «Was ist eure Spezialität? Wieso soll jemand zu euch einkaufen kommen?» Schon wieder werden wir unterbrochen in unserem Gespräch. Eine Mutter mit Kindern kommt Glace einkaufen. Eine ältere Dame will ein Brot. Eine junge Mutter hat den Milchmann verpasst und kauft gleich noch einiges mehr dazu. Lu ist am bedienen.
«Wieso kommen die Leute zu euch zum einkaufen», wiederhole ich meine Frage.
«Frische Qualität, nette Bedienung … einfach wegen uns», tönt es aus der Küche.
«Unser Angebot ist gross. Man findet alles, was man zum täglichen Leben braucht. Die Kunden kommen gerne. Wir haben frische Ware und haben immer gute Laune. Und wenn André mal schlechte Laune hat, dann muss er in die Küche verschwinden», sagt Lu augenzwinkernd. «Ärger gibt es wenig.» «Wenn ich Zeit habe, dann gibt’s auch ab und zu einen Schwatz vor allem auch mit älteren Menschen.» «Wie lange möchtet ihr den Laden noch bewirtschaften?»Das 25-Jahre-Jubiläum möchten wir wirklich noch hier erleben –das ist im Mai 2013. Und was dann ist, schauen wir dann weiter.»Lu möchte noch lange, doch André zögert. Die Kunden wären wohl traurig, wenn es diesen speziellen Laden gleich um die Ecke nicht mehr geben würde. Lu kennt die meisten ihrer Kunden und in ihrem Laden fühlt sie sich wie zu Hause.
«Der Hackbraten von André ist einsame Spitze. Die Leute kommen deswegen von weit her», meint Lu spontan. «Am Dienstag ist Hackbratentag … und der Wurst/Käsesalat gibt es ungefähr drei Mal pro Woche.» Bevor ich mich von den beiden verabschiede, ruft mir André aus der Küche zu: «Willst du vom feinen Wurst/Käsesalat probieren?»Und ob ich das will. Ich verdrehe die Augen. Ich könnte die ganze Schüssel essen, denn er ist wirklich köstlich. Der Hackbraten für Dienstag hat er bereits fertig. Es duftet im ganzen Laden danach. Aber von dem darf ich nicht noch versuchen, denn der wird erst am Dienstag aufgeschnitten. Es war ein herrlicher, lebhafter und gemütlicher Schwatz mit Luise und André Nydegger. Draussen ist es nach wie vor heiss und drinnen war es angenehm kühl. Ich kann gut verstehen, wieso die Leute gerne bei Nydeggers einkaufen. Die Herzlichkeit findet man tatsächlich nicht mehr überall.
Schön, dass es solche Lädelis in der Nähe noch gibt! Herzlichen Dank Lu und Ändu für eure Art des Seins. Ich komme gerne wieder, vor allem an einem Dienstag, um den feinen Hackbraten von André zu kosten.