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Checkpoint Huwara – Israelische Elitesoldaten und palästinensische Widerstandskämpfer brechen das Schweigen
Buch: Karin Wenger: Checkpoint Huwara, Israelische Elitesoldaten und palästinensische Widerstandskämpfer brechen das Schweigen. Verlag Neue Zürcher Zeitung, 2008
Die Schlagzeilen haben sich seit dem letzten Januar verändert. Die Medien haben ihre Scheinwerfer von Gaza Stadt abgewendet. Kaum jemand spricht im Stammlokal oder in der Mittagspause noch über den Konflikt zwischen den Israeli und den Palästinensern.
Wer sich trotzdem immer noch für dieses Thema interessiert, vor allem für die facettenreichen Hintergründe der nun seit Jahrzehnten andauernden Krise, dem sei das Buch Checkpoint Huwara der Journalistin Karin Wenger empfohlen.
Von 2003 bis 2008 reiste Karin Wenger immer wieder für kürzere oder längere Zeit in die Krisenregion. Dabei lernte sie Menschen beider Seiten kennen; Widerstandskämpfer, ehemalige Gefangene, Kollaborateure, Fallschirmjäger, Scharfschützen, Zivilpersonen und zeichnete deren Geschichten auf.
In den Medien wird der Konflikt oft vereinfacht dargestellt. Beiträge im Fernsehen oder Radio dauern meist nur wenige Minuten, da bleibt nicht viel Zeit für eine ausführliche Berichterstattung. Karin Wenger dagegen nimmt uns in ihrem Buch mit in das Flüchtlingslager im Westjordanland. Sie lässt uns teilhaben am Gespräch mit den Eltern einer Selbstmordattentäterin oder an der Unterhaltung mit dem kriegsversehrten Panzerschützen Idan. Wir sind sowohl beim Treffen mit führenden Widerstandskämpfern wie auch bei der Begegnung zwischen dem jungen Palästinenser Mohammed und dem ungefähr gleichaltrigen israelischen Reservesoldaten Shai dabei.
Doch Checkpoint Huwara besteht nicht nur aus Schilderungen von Begegnungen und Erlebtem. An verschiedenen Stellen sucht die Autorin auch nach Antworten auf Fragen wie: Weshalb dieser Konflikt? Warum diese Attentate? Vergeltungsschläge ohne Ende? Wie ist es möglich, den Teufelskreis der Gewalt zu durchbrechen?
Antworten und Lösungen liefern uns in Ansätzen wiederum die Menschen, denen die Journalistin begegnet ist. Mohammed beispielsweise wünscht sich «eine Welt ohne Helden». Denn wären die Soldaten bei der Heimkehr keine Helden und wären die Widerstandskämpfer und Selbstmordattentäter keine Helden, würden ihnen ihr Ziel, ihre angestrebte Anerkennung fehlen und das wiederum könnte vielleicht beiden Seiten eine Annäherung ermöglichen. Ein Chefpsychiater in Gaza sieht den Konflikt pragmatisch: «Unser Konflikt ist keine politische Angelegenheit, auch keine religiöse. Es ist eine Krankheit, psychopathologisch. Wir alle sind Gefangene in diesem Irrenhaus und in unserer Krankheit. Die Israeli sind Gefangene ihrer Angstpolitik. Sie glauben, dass man mit Gewalt alles lösen kann. Sie sind Opfer ohne aufgearbeitete Geschichte, ohne Versöhnungsprozess. Wir Palästinenser sind Gefangene einer Kultur von Widerstand und Rache.»
Lesens- und betrachtenswert macht das Buch ausserdem das sehr informative Nachwort von Arnold Hottinger, dem langjährigen Korrespondenten der Neuen Zürcher Zeitung und Kenner des Nahen Osten, sowie die eindrücklichen Bilder des deutschen Fotografen Kai Wiedenhöfer.
Text: Isabel Mosimann
www.isabel-mosimann.ch
Am 16.05.09 ist Karin Wenger in Bern
15.00 Uhr Gespräch mit Stefan Kaiser, DU-Chefredaktor, und Juri Steiner, Direktor Zentrum Paul Klee, im Zentrum Paul Klee.