27. Mai 1925 – 19. Februar 2009

Jacqueline GfellerJacqueline Gfeller wohnte mit ihrem Mann Roger im selben Haus an der Schifflaube wie ihr Bruder Marcel Gerber. Noch ist kein Jahr seit seinem Tod vergangen und nun weilt auch Jacqueline nicht mehr unter uns. Nach einer kurzen, schweren Krankheit starb Jacqueline am 19. Februar 2009. Seltsames Spiel des Schicksals, ihr Todestag war gleichzeitig auch der Geburtstag ihres Mannes Roger.

Ende März traf ich mich mit den Angehörigen Mina Gerber, Hanna und Peter Kunz und deren Tochter Alexandra Kunz an der Schifflaube 20 zu einem Gespräch. Trotz des traurigen Anlasses wurde es ein humorvoller und gemütlicher Abend, denn wir erinnerten uns an Jacqueline, eine energische Frau, die das Leben genoss. Sie sähe es nicht gern, wenn wir mit hängenden Köpfen um den Tisch sitzen würden. Jacqueline liebte das Leben und das Leben liebte sie. Jacqueline Gfeller wurde im «Klapperläubli» (oben am Nydeggstalden) am 27.5.1925 geboren.

In der Matte besuchte sie die Schule. Nach der Heirat zog es die frischgebackene Frau Gfeller mit ihrem Mann ins ferne Ausland. 1951 wanderten die beiden nach Johannesburg aus. Voller Lebensfreude genoss Jacqueline ihre Zeit in Südafrika.

Hanna erinnert sich: «Als ich mit Alexandra schwanger war, haben wir Jacqueline und Roger an einem Fest in Johannesburg getroffen. Peter kannte sie bereits aus früheren Jahren. Sie sprach mich auf meine Schwangerschaft an und fragte, wann das Baby denn erwartet werde. Ich mochte die resolut wirkende Dame und so blieben wir im Kontakt bis heute, bis zu ihrem Tode im Februar 2009.» Hanna schaut nachdenklich in die Runde und erzählt weiter:

«Es war afrikanischer Winter. Im August 1972 kam unsere Tochter Alexandra zur Welt. Jacqueline schloss die Kleine sofort in ihr Herz. Wenn es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gibt, dann war es das wohl ... Die gegenseitige Verbundenheit war gross und oft stand ich als Mutter etwas im Abseits und hatte so meine Mühe, mich bei den beiden durchzusetzen. Doch werde ich nie vergessen, und dafür bin ich Jacqueline noch heute dankbar, dass sie stets für Alexandra da war und sie ohne wenn und aber bei sich aufnahm, wann immer ich zur Arbeit musste.

Als wir sechs Jahre später wieder in die Schweiz zurückkehrten, litt sie sehr unter der Trennung. Später, nach ihrer Rückkehr in die Schweiz, gestand sie mir: «Als ihr weg wart, habe ich gelitten wie ein Hund. So sehr hat mir dieses Kind gefehlt.»

Jacqueline und Roger blieben aber noch in Südafrika, bis sie dann 1988 an die Schifflaube 20 in das Haus ihres Bruders zogen. Das Verhältnis zu ihrem Bruder hatte sich verändert. Früher war sie es, die ihren Bruder in Schutz nahm, wenn er in der Schule zu kurz kam. Sie kämpfte für ihn, wenn er ungerecht behandelt wurde. Jetzt war es ihr Bruder, der ihr eine Wohnung anbot, der für sie sorgte. Ihr half, wenn es etwas zu erledigen gab. Dies war manchmal nicht so einfach; für beide. Und trotzdem liebten sich die beiden bis zum Tod.»

Alexandra sitzt nachdenklich am Tisch. Gerne erinnert sie sich an Jacqueline. «Sie war für mich eine wichtige Bezugsperson. Sie liebte mich und ich liebte sie. Ich spürte ihre bedingungslose Liebe und in ihrer Nähe habe ich mich immer sehr wohl gefühlt. Manchmal konnte sie sehr hartnäckig sein, und wenn sie eine Meinung hatte, war es gar nicht so einfach, sie umzustimmen. Für mich war sie ein Teil meiner Kindheit, und als sie starb, ging auch ein Teil meiner Kindheit verloren. Sie war sehr liebevoll und ich habe sie für das, was sie gemacht hat bewundert. Sie war selbstbewusst und pragmatisch und liess andere nicht im Stich. Gerne denke ich an ihren «Lebensspruch»: Du musst dich nicht nach oben vergleichen, sondern vergleiche dich lieber nach unten, dann wirst du es immer schaffen. Sie war ein positiv denkender Mensch.»
«Auch die Beziehung von Jacqueline und Roger war von grosser Loyalität geprägt. Als es Roger im Alter gesundheitlich schlechter ging, kam es für Jacqueline nicht in Frage, dass Roger ins Altersheim sollte. Roger akzeptierte, was Jacqueline sagte und er wusste, dass es besser war, ihr nicht zu widersprechen. Es ging beiden gut, wenn sie zusammen waren. Die beiden waren wirklich für einander bestimmt. Sie hielt ihm den Rücken frei und er bot ihr ein angenehmes Leben. Gemeinsam waren sie stark, wenn auch die Altersbeschwerden beiden zuweilen etwas Mühe machten», erzählt Hanna.

«Ich erinnere mich gerne an Jacqueline», wende ich ein.

«Sie wusste immer etwas zu erzählen. Ich wechselte in der Matte gerne einige Worte mit ihr. Geduld war nicht ihre Stärke. So konnte sie schon mal ungehalten sein, wenn Roger nicht spazieren gehen wollte. Und doch war sie liebevoll im Umgang mit ihm und konnte auch verstehen, dass nicht alle mit Vollgas durchs Leben marschierten. Wir haben oft gelacht und in den kurzen Begegnungen in der Matte war sie nie um einen Spruch verlegen: »Mein Mundwerk muss man mir einmal speziell zumachen und ich werde bestimmt dem Pfarrer in die Abdankung reden.» Wir lachten.

Jacqueline ist nicht mehr und ich werde ihr Lachen vermissen. Sie gehörte zu meinem Alltag und zu meinen schönen Begegnungen in der Matte.