Rosmarie Bernasconi«Bis dahin wird noch viel Wasser die Aare hinabfliessen», diese Aussage kannte ich nicht, als ich die ersten Schritte – als neu Zugezogene - durch die Berner Matte unternahm.
Tatsächlich, es würde noch viel Wasser fliessen. Mal weniger, mal mehr und manchmal auch zuviel. Im Jahr 1991 fand mein erstes Quartierfest, das Aarefestival, statt. Organisiert wurde
es von engagierten Mättelern und Mattefrauen, ich war gespannt.

Das meiste Festgeschehen lief auf dem EWB - Chänzeli und auf dem Mühlenplatz. Ich trage ein schönes und überschaubares Fest in meinen Erinnerungen. Unterschiedlichste Künstlerinnen und
Künstler traten auf, es war einfach ein Fest zum Wohlfühlen. Abendlicher Treffpunkt war die Disco mit alten Schlagern von einem Kassettengerät. Jung und alt, auch aus der Oberstadt, fanden den
Weg hinab in die damals verruchte Matte. Rosmarie aus den Glarner Bergen mittendrin; ich kam zum ersten Mal richtig mit der Mattebevölkerung in Kontakt. Neben dem Berndeutsch für Einheimische musste ich mich an die exotischen Abkürzungen von Vornamen gewöhnen: Roger ist der Röschu, der Hans ist der Housi, die Christine war die Chrige und aus Brigitte wurde die Brige, die man aber niemals so nennen durfte. Berndeutsch hat für mich bis heute noch seine Tücken, es ist nicht meine Sprache und das ist wohl besser so.

Mehr Wasser floss die Aare hinab. Im Jahr 2001 und 2003 wurden die grossen Mattefeste gefeiert. Das handgestrickte Aarefestival war Geschichte, die neuen Anlässe waren nicht mehr so überschaubar. Tout Berne pilgerte scharenweise in die Matte, es wurde eng in den Gassen rund um den Mühlenplatz. Inzwischen war ich im Organisationskomitee angekommen – ehrlich, manch
mal haben wir damals schon Blut und Wasser geschwitzt. Etwa beim Auftritt von Florian Ast, der für einen platschvollen Mühlenplatz sorgte. Wir vom OK standen im Schulhaus im zweiten Stock,
blickten über die dichtgedrängte Menschenmasse und bibberten beim Gedanken daran, was alles schieflaufen könnte …». Aber es blieb friedlich und nach dem Konzert wurde es bald einmal ruhiger und das Mattefest wurde wieder zu einem beschaulichen Quartierfest.

Noch mehr Aarewasser rauschte um die Matte. Das Quartier hatte sich stark verändert und beruhigt. Auch die Mattefeste wurden wieder bescheidener und übersichtlicher. 2005 musste das
geplante Mattefest wegen des erneuten Hochwassers kurzfristig ins Wankdorf verschoben werden.

Über zehn Jahre später, im Jahr 2017 erinnerten sich Urs Rietmann, André Steinauer und Brigitte Holzer an das Quartierfest und nahmen eine Neuauflage in Angriff. Es sollte noch sieben Jahre dauern, bis sich die Idee einer Wiederbelebung des Quartierfestes durchsetzte.

Und jetzt, 33 Jahre später, fiebere ich erneut dem Mattefest entgegen. Ich freue mich, noch einmal dabei zu sein, als Veteranin. Schön, den Jungen zuzuschauen, wieviel Elan und neue Ideen in den
Anlass einfliessen.Ich bin gespannt, wie die geplanten Aktivitäten im realen Leben aussehen werden, was am ITTEME IBTLE, Matteänglisch für Mattefest, alles geboten wird, was ankommt und was in Erinnerung bleibt.

Denn, wir wissen es ja: Die Aare fliesst unaufhaltsam und bringt viel Wasser. Wasser, das mit sich fortträgt, was nicht solide verankert ist.

Rosmarie Bernasconi

In eigener Sache:

Ein neues Buch erscheint im Verlag Einfach Lesen.
«Beeren Bildung Begegnung» entstand zum 10-jährigen Jubiläum des Stiftgartens, der grünen Oase unterhalb der Münsterplattform. Es erscheint Ende Mai. Für mich steht dieser Paradiesgarten
stellvertretend dafür, was sich in den letzten Jahren im Aarequartier verändert hat. Lassen Sie sich verzaubern von Geschichten, Wissen und vielen Bildern.